Predigt vom 30.03.1986 - Pastor Schnabel - Ostern - 1. Kor. 15, 1-11
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen - AMEN!
Liebe Gemeinde!
Hört noch einmal die Epistel für diesen Ostersonntag. Da schreibt der Apostel: "Ich erinnere euch an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr angenommen habt und in dem ihr feststeht. Durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr’s festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr umsonst gläubig geworden wäret. Denn als erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsere Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen. Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln. Zuletzt auch von mir als einer unzeitigen Geburt. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe. Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist. Es sei nun ich oder jene; so predigen wir, und so habt ihr geglaubt!"
Gott segne an uns dieses Wort! Liebe Gemeinde!
Wir Christen gelten auch für wohlwollende Außenstehende als etwas wunderlich. Und Nichtchristen mit Halbbildung, die halten uns sogar für etwas dumm, dass wir an die Auferstehung Christi glauben.
Ich habe in Erinnerung, dass es immer noch Aufsehen erregte als z.B. auf dem letzten Kirchentag in Düsseldorf ein Professor der Mathematik Jesus Christus als den auferstandenen Herrn bezeugte. Hinter diesem Aufsehen stand das Vorurteil, dass ein Professor, der intellektuell auf der Höhe ist, nicht an die Auferstehung glauben kann.
Was ist los mit uns Christen, dass wir die Auferstehung immer wieder feiern und bezeugen? Wie erkläre ich z.B. einem Freund meinen Glauben, wenn er mich fragt:
"Wie kommst du dazu, an die Auferstehung zu glauben?" Nun, einem Christen nimmt keiner übel, wenn er sich auf die Bibel beruft. Und das tue ich auch. Ich zitiere die Bibel, und dabei erwarte ich gar nicht von dem ungläubigen Freund, dass er die Bibel gleich als Autorität anerkennt. Er braucht mit mir nur mal zu lesen, was da steht. Da sagt nämlich Paulus: "Ich gebe euch weiter, was ich auch empfangen habe." Und daraus wird deutlich; Paulus hat die Auferstehung unmittelbar auch nicht erlebt. Darin geht es Paulus so ähnlich wie mir. Mir ist verkündet worden, was das Glaubensbekenntnis sagt; dass Christus geboren ist, gelitten, gekreuzigt, gestorben, begraben, und dass er auferstanden ist.
Wir alle haben die Auferstehungsbotschaft, die Verkündigung, in anderer Form empfangen als Paulus. Aber es ist, genau wie ihm auch, uns überliefert worden.
Ich wurde in diesen Zusammenhang mit Christus hinein getauft, ohne dass ich gleich begriffen habe, wie es zusammenhängt mit meinem Leben. Ich bin auch mal als kleiner Junge zum Taufstein getragen worden und habe vielleicht geschlafen, oder ich habe vielleicht auch meine Flasche getrunken, wie jetzt der Jan-Christian. Ich hörte dann beim Heranwachsen die Geschichten von, mit und über Jesus im Kindergottesdienst, oder zuhause, oder in der Christenlehre. So ist es den meisten von uns überliefert worden; dass Christus auferstanden ist. Aber die Auferstehung hat kein Mensch unmittelbar erlebt. Und wenn man die Bibel genau liest, muss man feststellen; auch die Bibel berichtet nichts über den Vorgang der Auferstehung. Was die Bibel immer wieder überliefert ist, dass Menschen bezeugen; Er ist uns erschienen! Er ist gesehen worden. Und wir haben es eben in der Epistel gehört, das wird aufgezählt; er ist gesehen worden von den Aposteln, den zwölf Jüngern. Er ist von den über fünfhundert Brüdern gesehen worden, von denen Paulus einige kannte. Nach der Himmelfahrt ist er gesehen worden auch von Paulus. Und alle, die ihm begegnet sind sagen; er lebt!
Und nun passt auf; alle, die ihn gesehen haben, die ihm begegnet sind, die sagen erst mal: er lebt! Und die Auferstehung folgern sie daraus. Was ihnen durch den Kopf geht, ist nämlich; wenn er lebt, obwohl er doch gekreuzigt und gestorben und begraben ist, wenn er lebt - und das haben wir erlebt, dass er lebt - dann muss er von den Toten auferstanden sein, dann muss ihn Gott auferweckt haben.
Alle Menschen, denen Christus nach seinem Tod begegnet ist, die bezeugen; Jesus lebt! Und daraus folgern sie; er muss auferstanden sein.
Und die Geschichten erzählen; im Grab ist er nicht zu finden. Er geht vor uns her! Er spricht mit uns durch sein Wort. Er teilt mit uns Brot und Wein, sein Geist ist gegenwärtig.
Aber zurück zu dem Freund, der mich fragt; wie kannst du an die Auferstehung glauben? Und ich sage: "Weil Jesus lebt, muss er auferstanden sein." Und wenn er freundlich fragt: "Wie äußert sich denn das, dass Jesus lebt?" Dann muss ich bei der Antwort auch wieder zur Bibel greifen und zu meiner Erfahrung. Und ihr könnt auf eure Erfahrung zurückgreifen.
Ganz am Anfang der ersten Christenheit, erzählt Paulus, da hätte es fünfhundert Brüder und Schwestern gegeben. Und nun bedenkt mal, da sind fünfhundert Brüder und Schwestern; die sind immerhin da. Und dadurch, dass sie da sind, gibt es eine Gemeinde schon in der ersten Generation. Diese fünfhundert Menschen haben zunächst dem Glaubenszeugnis anderer vertraut. Die haben sich damals diesem gefährlichen Unternehmen "Gemeinde" angeschlossen. Einige litten Verfolgung. Sie wussten sehr genau; es kann uns an’s irdische Leben gehen. Irdische Vorteile wie Ehre und Geld hatte kein Mensch davon, der zur ersten Gemeinde gehörte. Also war da in ihrem Leben eine Kraft am Werk, eine Kraft, die aus der Begegnung mit Christus kam, und die diese Menschen zu einer Gemeinde zusammenbrachte. Jesus selbst hatte ja gesagt: "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." Und das heißt; ich werde euch begegnen, in irgend einer Form. Ich laufe euch über den Weg.
Dem heiligen Martin, nach dem wir auch diese Kapelle benannt haben, dem heiligen Martin war ein Bettler begegnet. Und im Traum hat er ihn gesehen, hat er Christus in diesem Bettler erkannt; 335 Jahre nach Kreuzigung und Tod Jesu. Und heute, im 1986igsten Jahr unseres Herrn, gibt es in Deutsch Evern immerhin eine Gemeinde. Menschen, die mehr oder weniger ihr Herz an Christus hängen. Die heute morgen aufgestanden sind und hierher gekommen sind. Menschen, die sein Wort hören und die beten. Und die irgendwie von Christus ergriffen sind.
Ich glaube, dass Jesus lebt, sage ich zu meinem Freund, denn ich habe erfahren, dass er wirklich ist. Wenn man sagt: "Ist das wirklich wahr?", dann müssen wir sagen, was wir mit diesem Wort "wirklich" meinen. Wir meinen; dass es wirkt. Alles, was wirkt, ist wirklich.
Christus wirkt unter uns, sonst gäbe es keine Gemeinde; also lebt er. Also ist er auferstanden.
Ich weiß natürlich, dass das Vorhandensein der Gemeinde Jesu Christi in naturwissenschaftlich-technischen Sinne kein Beweis ist. Aber denkt doch mal, was sonst in unserem Leben geschieht. Für Liebe und für Hoffnung gibt es ja auch keinen naturwissenschaftlichen Beweis. Und doch sind Liebe und Hoffnung so wirklich, weil sie so tief wirken, dass man daran sterben kann, wenn einem beides fehlt.
Also wirklich ist, was wirkt. Jesus ist durch die Seinen wirklich, weil er wirkt in uns und durch uns und an uns.
Und darum meine ich, muss auch für den Außenstehenden die Existenz der weltweiten Christenheit und auch die Existenz unserer kleinen Gemeinde hier am Ort in Deutsch Evern zumindest ein Hinweis sein, dass Jesus lebt. Zwar ist das noch nicht weit her mit uns, wir stehen oft auch nur halbherzig dabei. Aber Christus hat uns gesagt: Ich hole euch raus aus dem Tal eurer Finsternis, ich halte euch fest! Ich liebe euch so, dass ich sogar für euch sterbe! Ich werde auch Geduld haben mit eurer Halbherzigkeit! Ich werde euch immer ziehen!
Immerhin haben wir Christen ja unsere geistliche Armut erkannt, als wir Christus begegneten. Und seitdem strecken wir ja die leeren Hände wie Bettler zu Christus aus.
Wir glauben dem lebendigen Herrn, der lebendig ist und gegenwärtig in seinem Wort; und der auch wirkt durch sein Wort. Und der sich durchsetzt und unsere harten Herzen weich macht und unsere leeren Hände füllt.
Wir glauben, dass Er uns gebrauchen kann auf seiner Baustelle, wo das Reich Gottes entsteht; die neue Welt.
Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes.
Seit der Auferstehung Christi, wo deutlich wurde, dass dieser Christus nicht kaputt zu kriegen ist - man hat es versucht, man hat ihn gekreuzigt; er ist nicht tot zu kriegen - seitdem wuchert die Lebenskraft Jesu über die ganze Erde. Und seitdem durchsetzt dieser Geist Christi Kulturen und Völker und befruchtet Begabungen von Menschen und baut Gemeinden und beflügelt Herzen und Sinne.
Und die Machthaber dieser Welt - große und kleine - versuchen seitdem immer, die Kraft des Christus abzuwürgen, oder auch zu vermarkten, mit verschiedenen Methoden diese Kraft einzuschränken. Sie nehmen den Kirchen die äußere Macht und versuchen sie damit zu zerstören. Oder sie überschütten die Kirche mit Macht und Geld, um sie damit leer zu machen.
Für beides gibt es viele Beispiele in der Geschichte. Und doch ist nicht kaputt zu kriegen, was mit Christus in die Welt gekommen ist. Die Lebenskraft Christi ist nicht zu beseitigen; weder durch Armut, noch durch irdischen Wohlstand.
Sein Geist sprengt immer wieder erstarrte Herzen, erstarrte Kirchen, versöhnt Zertrennendes und Zertrenntes; auch zertrennte Kirchen. Stürzt Götzen und Tyrannen und bahnt uns den Weg zum Leben.
Uns selbst ist ja Christus auch unheimlich, wenn er uns begegnet. Wir merken nämlich auch; gegen diesen Mann kommst du nicht an, mit dem wirst du nicht fertig. Mit diesem Christus wirst du erst fertig, wenn du dich ergibst und wenn du ihn liebst und ihm folgst. Und wenn du durchlässig wirst für ihn. Denn denke doch ja nicht, dass die Kirche mit auch noch so trickreicher Predigt diese Kraft selbst hervorbringen und schaffen kann; das kann sie nicht! Sondern das Einzige und das Große, was wir tun können, ist, dass wir die Hände aufhalten und dass wir möglichst durchlässig werden für den Geist Christi, der ja schon da ist, der ja unsere Gemeinde umweht.
Alles, wofür Christus eintrat, ist nicht tötbar gewesen. Er hat sich als mächtiger erwiesen als der Tod.
Seine Lebenskraft können wir nicht herbeireden. Seine Lebenskraft können wir auch nicht wegreden.
Wir können uns dieser Kraft nur hingeben und bekennen, dass Er auferstanden ist in unsere Herzen und Sinne und dass Er uns in seinen Dienst nimmt.
Daher rührt unser seliges Leben - AMEN!
Und der Friede Gottes, der höher ist, als unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christu Jesu - AMEN!