Predigt vom 13.04.1986 - Pastor Schnabel - in St. Johannis - Mat. 7, 13-16
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen, AMEN!
Liebe Gemeinde! Nur ein Mensch der frei ist, kann entscheiden welchen Weg er gehen will. Ein Sklave kann nicht gehen wohin er will, er ist eingesperrt. Ein»alter Heide, der früher Blitz und Donner fürchtete als Strafe einer Gottheit, der war nicht frei, der konnte nicht entscheiden. Und ein moderner Heide, der nur noch die Sachzwänge seines Daseins sieht und nur: noch das für wirklich hält, was er zählen und messen kann, der ist erpressbar und kann nur noch die Wege gehen, die er selbst machen kann und die führen nicht weit.
Ihr aber seid frei! Christus hat euch befreit!
Das Reich Gottes, um das wir in jedem Vaterunser beten und bitten, ist kein totalitärer Staat, sondern es ist ein Reich, das angebrochen ist unter denen, die aus dem freien Entschluss ihres Herzens, aus der Ergriffenheit ihrer Liebe zu Gott, mit Jesus - wie es im Evangelium heißt - den schmalen Weg durch die enge Pforte gehen, der zum Leben führt.
Dieses Geschenk der Freiheit - das uns Christus gemacht hat - das hat man Jesus auch zum Vorwurf gemacht. Jesus, so haben die Herrscher dieser Welt gesagt, du überforderst die Menschen. Menschen können mit der Freiheit nichts anfangen. Die Freiheit, die du ihnen zumutest, ist viele Nummern zu groß für sie.
Menschen, so sagen die Machthaber, sind armselige Geschöpfe, die nur froh sind, wenn sie einen Boß haben, vor dem sie zittern und der ihnen hin und wieder ein Vergnügen zuteilt.
Menschen, sagen die Machthaber, sind froh, wenn sie in einem Zusammenhang leben, der ihnen eine feste Bahn vorschreibt. Und dort sind sie am glücklichsten, wo man sie so geschickt von einer süßen Belohnung zur nächsten lockt, dass sie gar nicht merken, wie die Zeit ihres Lebens vergeht und dass sie gar nicht merken, wie sie ihre Freiheit verlieren. Es gibt immer Mächte und Institutionen, die euch die Freiheit abnehmen.
Jesus steht denen entgegen. Er weiß, dass die Freiheit eine große Würde für uns Menschen ist, die zugleich auch eine große Aufgabe darstellt. Wer frei ist, muss sich entscheiden! Und wer sich entscheiden muss, der muss herausfinden, welchen Weg er gehen will, wofür er sein Leben und seine Kraft einsetzen will.
Jesus hat auf unserer Freiheit bestanden. Da haben die Machthaber Jesus gewarnt. Aber Jesus ist ganz im Vertrauen auf Gott den Weg der Freiheit weitergegangen.
Sie haben ihn gekreuzigt. Aber Jesus ist auferstanden!
Und seitdem wissen wir, dass man Gottes Wahrheit nicht töten kann. Und seitdem steht das Zeichen des Kreuzes als Zeichen der Freiheit in unserer Welt. Das Kreuz markiert den schmalen Weg durch die enge Pforte, wovon Jesus spricht.
Im Evangelium, das wir heute gehört haben, warnt Jesus davor, den breiten Weg durch die weite Pforte zu gehen. Dieser Weg führt in die Verdammnis, da verlierst du deine Freiheit an die falschen Propheten, an die Wölfe im Schafspelz, wie Jesus sagt, was unter uns}ja sprichwörtlich geworden ist. Die Welfe im Schafspelz, die kommen verkleidet einher, damit du nicht merkst, dass sie dich fressen wollen, dass sie dir die Freiheit nehmen. Sie sind nett zu dir, sie finden dich klasse ohne dass sie dich genau kennen wollen. Sie nehmen deine Schuld und verschieben sie woanders hin, dass du sie nicht annehmen musst. Sie wollen dein Bestes, aber sie sagen dir nicht, was sie damit meinen. Es kann sein, dass sie dein Geld meinen, wenn sie sagen: "wir wollen dein Bestes". Sie wollen deine Freiheit und deine Lebenskraft, sie wollen deine Seele.
Der Wolf im Märchen, der hat seine schwarzen Pfoten mit weißem Mehl gepudert und er steckt sie durch die Tür und ruft mit verstellter Stimme: "Kinder - euer Mütterchen ist da und hat für jeden etwas Schönes mitgebracht!" Und sie fallen auf den Trick herein und öffnen die Tür und werden gefressen.
Da gibt es den Teufel im Märchen, der bietet einen Beutel voll Gold an, der nie alle wird. Das scheint das Leben lustig zu machen und ein törichter Mensch, der gibt schnell seine Unterschrift mit Herzblut geschrieben, und er merkt erst später und bereut es bitterlich, dass er seine Seele verkauft hat.
Der Teufel wollte sein Bestes und hat es bekommen.
Merkt ihr, wer frei ist und sich entscheiden muss, der muss unterscheiden können. Der muss die guten Wege von den schlechten unter - scheiden, denn die guten Wege führen zum Leben und die schlechten führen zur Verdammnis. Jesus, so habt ihr gelernt, ist geistig gegenwärtig durch sein Wort, wie es in der Bibel steht. Auch durch sein Wort, das wir heute hören und bedenken.
Jesus Christus ist der Heiland. Das heißt, er macht uns heil. "Folgt mir nach", sagt er, und er weist uns den Weg, der allerdings schmal und steinig ist.
Jesus ist nicht so nett und bequem wie die Mächte dieser Welt.
Vor einigen Jahren hatte eine Kirchenleitung in Norddeutschland eine Werbefirma damit beauftragt, Werbespots für Jesus zu finden. Aber man hat nach zwei Monaten das Projekt abgebrochen, weil man merkte: Dieser Jesus, der eignet sich nicht fürs Marketing.
Jesus steht vor dir als der gekreuzigte und auferstandene Heiland.
Die eckigen und kantigen und harten Geschichten der Bibel, die du nur verstehst, wenn du dich mit dem Herzen darauf einlässt, die sind kein Stoff für amüsante Reklame. Die Geschichten von Jesus, die passen nicht glatt in unser Leben hinein, sie sind sperrig und wir stoßen uns oft daran, wenn wir den selbstgemachten Weg gehen, immer unserer Nase nach.
Jesus schenkt uns reinen Wein ein, reinen unverfälschten Mein. Manchmal ist der Wein der Wahrheit sauer, aber er ist echt und er enthält kein versüßendes Gift.
Jesus ist nicht nett, Jesus liebt uns, und das ist etwas anderes als Nettigkeit, das ist viel mehr!
Der Heiland hat uns unsere Würde gebracht und er hat auf unserer Würde bestanden bis ans Kreuz und uns die Freiheit zugemutet.
Und damit hat er uns geadelt. Er hat uns zugemutet, dass wir uns entscheiden für den schmalen Weg der Wahrheit, der durch die enge Pforte zum Leben führt.
Jesus, der Heiland, ist wie ein Arzt, der dein Leben heil macht. Er liebt dich, aber er ist nicht nett, und er verwöhnt dich auch nicht. Das ist nämlich: unser Problem, dass wir natürlich lieber zu den netten Ärzten gehen, die uns sagen, was wir hören wollen. Stellt es euch vor in einem Gleichnis.
Da ist ein Mensch, der isst zu viel und er bewegt sich zu wenig, und wenn er nicht arbeiten muss, sitzt er meistens vor dem Fernseher. Und er merkt, irgendetwas stimmt nicht mit mir und er geht zu einem guten Arzt. Und dieser gute Arzt sagt ihm: "Da lässt sich gar nichts anderes machen als dass du dein Leben änderst. Du musst dich mehr bewegen, du musst weniger essen, du musst beten und nachdenken‚ statt im Fernsehen immer nur zuzuschauen wie andere Leute lieben und handeln musst du selbst etwas riskieren, musst du selbst leben und lieben und handeln und notfalls auch leiden". Das ärgert diesen bequemen Menschen, er beklagt sich und sagt; "Das ist kein guter Arzt, er sollte mich heilen ohne dass ich mich ändere." Darum geht der bequeme Mensch zu einem anderen Arzt, und das ist ein schlechter Arzt. Dieser schlechte: Arzt hört sich alles au, ist nett zu Ihn; bedauert ihn, gibt ihm Pillen hierfür und dafür. Zu diesem netten Arzt geht der törichte Mensch gern. Aber der nette Arzt betäubt ja nur ohne die Krankheit anzugehen. Und erst am Ende, wenn es zu spät ist, merkt der Mann, dass ihn der nette Arzt den breiten Weg geführt hat durch die weite Pforte, der in die Verderbnis führt.
Seht euch vor, sagt Jesus, vor denen, die euch Glück versprechen, das erreichbar ist auf breiten und bequemen Wegen. Was billig zu erreichen ist, ist auch nichts wert. Der Weg zum Leben dagegen, der ist schmal, der führt durch die enge Pforte, aber er führt hinauf zum Licht und zur Wahrheit.
Unser Heiland Jesus -Christus- ist wie ein guter Arzt. Er lässt uns nichts durchgehen. Er benennt unsere Krankheit genau, weil er uns heilen will, weil er uns lieb hat. Er besteht auf unserer Würde und darum ist er nicht nett zu uns, wenn wir mogeln.
Im Lichte seiner Wahrheit erkennen wir, dass wir Menschen sind, die Gott mit Freiheit gewürdigt hat.
Es ist einfach unter unserer Würde niedrig und böse und verlogen und gemein zu sein. Jesus besteht darauf, dass wir notfalls gegen den Strom schwimmen, dass wir den schmalen Weg gehen , der zum Leben führt. Dieser Weg ist mühsam. Aber wenn du dich dahin aufmachst, dann wirst du auf diesem Weg Brüder und Schwestern finden. Und immer wird es dich in den Gottesdienst ziehen, weil du erlebst, dass Gottes Wort eine Kraft ist, durch nichts zu ersetzen, durch die wir gestärkt und getröstet und befreit werden.
Am Ende des Evangeliums, das wir heute gehört haben, steht das Wort; "An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen." Das ist das letzte Unterscheidungsmerkmal, das uns Christus auf den Weg gibt, wie wir die Wölfe im Schafspelz unterscheiden können. Es ist aber auch das, woran uns einst Christus erkennen will: an unseren Früchten.
In zwei Wochen werden hoffentlich die ersten Bäume blühen. Später als sonst ist es in diesem Jahr geworden. Achtet einmal darauf, da gibt es Bäume, die haben sehr früh und reichlich Laub, die sind gut gewachsen, die haben wunderbare Blüten die einen lieblichen Geruch verbreiten. So ähnlich können Menschen sein. Und vielleicht siehst du manchmal solche Menschen und denkst bei dir, ach, wäre ich doch auch so. Aber auch solche Bäume - wie die Menschen - musst du an ihren Früchten erkennen. Und es gibt solche schön duftenden und blühenden Bäume, an denen eines Tages die Blüten abfallen und keine Frucht bringen. Und dann gibt es andere Menschen, die sind wie unscheinbare Bäume, die stehen knorrig im Wind und haben wenig Laub. Aber sie blühen, und wenn der Herbst kommt, tragen sie reichlich Früchte. Und in der Zeit der Ernte erkennst du, was dieser Baum wert ist.
So sollt ihr sein! An den Früchten soll man euch erkennen.
Wenn wir in den Worten unseres Heilands fest verwurzelt sind, dann Ist: Christus geistig gegenwärtig und dann bringt sein Wort durch uns Früchte hervor und dann gehen wir den Weg zum Leben. Und dann werden sich Möglichkeiten auftun, die wir selbst nicht für möglich halten. AMEN!