Predigt 568 zum 2. Christtag

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Predigt vom 26.12.1986 - Pastor Schnabel - 2. Christtag - Joh. 8, 12 - 16

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen - AMEN!

Liebe Gemeinde!

Bei Johannes, im 8. Kapitel, steht der Predigttext für diesen zweiten Christtag:

"Jesus sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben. Da sagten die Pharisäer zu ihm: Du gibst Zeugnis für dich selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr. Jesus antwortete ihnen: Auch wenn ich von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß, woher ich gekommen bin und wohin ich gehe; ihr aber wisst nicht woher ich komme und wohin ich gehe. Ihr richtet nach dem Fleisch, doch ich richte niemand. Wenn ich aber richte, so ist mein Richten gerecht; denn ich bin’s nicht allein, sondern ich und mein Vater, der mich gesandt hat."

Gott segne an uns dieses Wort!

Liebe Gemeinde!

Licht an die Sache bringen, heißt immer; die Wirklichkeit kennen. Finstere Dinge, da muss man Licht heran bringen, damit man erkennt, wie sie wirklich sind.

Einer, der von Christus ergriffen wurde, erkennt; ich sehe plötzlich alles in einem anderen Licht. Es ist hochwirksam, wenn du dein Leben im Lichte Gottes sehen kannst.

Eigentlich haben ja die Dinge, die wir sehen, alle keine Farbe, sondern sie reflektieren das Licht verschieden. Sie schlucken manches von den Lichtwellen, und anderes wird reflektiert, und dadurch erscheinen die Farben. Wir wissen also eigentlich gar nicht, was die Dinge für eine Farbe haben, sondern sie reflektieren das Licht nur verschieden.

Und eigentlich wissen wir auch gar nicht, was die Dinge eigentlich sind, die wir sehen, sondern in dem Spiegelkabinett unseres Kopfes entsteht ein Bild, etwas, das in diesem oder in jenem Licht erscheint.

Wenn du nachts mit der Eisenbahn fährst, da ist die schönste Landschaft dunkel, und du siehst sie nicht, obwohl du hindurchfährst, weil das Licht fehlt. Und die gleiche Strecke bei Tagesanbruch oder bei Sonnenschein, die kann dir ergreifende Anblicke gewähren.

Jesus sagt nun in die Finsternis hinein: "Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis bleiben, sondern das Licht des Lebens haben."

Das heißt: Er wird nachher Dinge in dem neuen Licht entdecken, die vorher auch schon da waren, aber die er ohne das Licht in Christus nicht sehen konnte. Stell dir vor, du gehst durch die finstere Nacht, und Einer geht vor dir her mit einer Magnesiumfackel in der Hand. So lange du diesem Einen folgst, solange kannst du in seinem Licht alles hell und klar und zusammenhängend sehen. Gehst du aber einige Meter abseits, gehst du eigene Wege, dann bist du wieder im Dunkeln und erkennst nur noch das, was du anfassen kannst. Aber du erkennst die Dinge nicht, weil dir das Licht fehlt.

So ist das mit Gottes Wahrheit, die uns den Lebensweg erhellt. Solange wir Christus folgen, haben wir Licht. Wer eigene Wege geht, der verliert sich in der Finsternis.

Den Lebensweg erkennen und sehen, wo unser Leben hinführt, das wollen wir Menschen ja alle. Aber wir wollen Ihm nicht nachfolgen. Wir möchten eigentlich am liebsten Christus die Fackel aus der Hand nehmen und sagen: Ich gehe jetzt hin, wo ich will. Aber das geht nicht. Wir haben das Licht nur, wenn wir Ihm nachfolgen.

Stattdessen machen wir uns kleine Sinnlämpchen. Wir machen uns unseren Reim auf das Leben, und das ist so ähnlich, wie Menschen, die sich eine kleine Taschenlampe anschaffen, die sie in der Hand haben, und der sie nachgehen. In der Glocke dieses kleinen Scheines ihres selbstgemachten Sinnes wird die Welt sehr eng. Sie wollen nicht dem Herrn mit dem großen Licht folgen. Man kann die Menschenweisheit durchaus mit einer kleinen Taschenlampe vergleichen. Wer ein bisschen Menschenweiheit hat, der kann damit schon in der nächsten Umgebung einen Dämmerschein verbreiten. Das ist aber für die Kinder Gottes eine Nummer zu klein, dieses kleine Licht. Denn wir haben in Christus eine große Orientierung, die über Leben und Tod hinausgeht.

Mag sein, dass ein Mensch mit der kleinen Funzel seines selbstgemachten Sinnes im Kreis herumtappt, und dass er dieses Imkreisgehen für seinen Lebensweg hält. Wer aber mit dem kleinen Schein seiner Lebensweisheit oft in die Irre gegangen ist im Leben, und wer das Glück hatte, von fern auf den Wegen seiner Dunkelheit den hellen Schein der Wahrheit Gottes zu sehen, der mag nicht mehr in der Dunkelheit umherirren. Er wird wissen, was das heißt, wenn wir Christen singen: "O Jesu, Jesu, setze mir selbst die Fackel bei, damit, was dich ergötze, mir kund und wissend sei."

Das Besondere an dem Licht Gottes, das uns in Christus entgegen strahlt ist dies; du kannst es nicht selbst in die Hand nehmen und gehen, wohin du willst, sondern du wirst geführt. In der Nachfolge Christi ist es hell; sonst nicht. Und eben das ist der springende Punkt. Das ist das, was uns so schwer fällt, was die Bibel kurz mit dem Wort "Sünde" bezeichnet.

Selbst wollen wir Gottes Licht auf unseren Wegen haben, aber das führt in die Irre. Christus mit der Fackel weist uns den Weg. Wir müssen Ihm folgen.

Die Pharisädäer im Text bezweifeln das. Sie sagen: Jesus, du legst das Zeugnis für dich selbst ab, wenn du sagst: "Ich bin das Licht der Welt."

Und was die Pharisäer eigentlich meinen, ist nichts anderes, als was wir meinen, wenn wir kurz sagen: Eigenlob stinkt! Die Pharisäer denken sich; wenn es ein anderer, Jesus, von dir bezeugen würde, dann möge es angehen; aber so? Du zeugst von dir selbst; also glauben wir dir nicht! Und da antwortet Jesus: Ihr redet nach Menschenart. Ihr richtet nach Menschenart. Die Pharisäer denken natürlich, Jesus wollte sich selbst herausstreichen, indem er für sich selbst das Zeugnis gibt. Aber wir, die wir im Abstand der Zeit auf diese Geschichte schauen, wir wissen ja, dass Jesus für sich selbst das Zeugnis geben musste. Denn die Jünger hatten außer einer gewissen Liebe und Faszination von Christus noch nicht viel begriffen.

Johannes der Täufer hatte auf Christus mit langem Zeigefinger gezeigt und hat gesagt: "Dieser ist es!" Aber Petrus hat lange gebraucht, um in Jesus das göttliche Licht zu erkennen.

Erst 50 Tage nach Ostern, zu Pfingsten, da ist den Jüngern das Licht richtig aufgegangen. Und im gleichen Augenblick, als ihnen das Licht aufging, da ist die erste Gemeinde entstanden. Bis dahin musste Jesus für sich selbst zeugen. Er hat die Menschen eingeladen und hat gesagt: "Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken."

Wir wissen aus dem zeitlichen Abstand heraus natürlich auch dies: Dass Jesus wiederum auch nicht für sich selbst gezeugt hat, sondern dass er unterwegs war im Leben, wie wir. Und so, wie in jedem Menschen der Geist Gottes Gestalt annimmt, so auch in Christus.

Während wir nur unvollkommen von Gottes Geist etwas ahnen, und wankelmütig sind, ist in Christus, und das ist der eine große Unterschied, ist in Christus Gottes Geist ganz und gar bestimmend gewesen. Wir sagen: Er war ganz und gar durchdrungen von Gottes Geist. Er weiß, dass er von Gott kommt und zu Gott geht. Das erste Mal in der Geschichte ist ein Mensch so von Gottes Geist durchdrungen, dass er sagen kann: Ich und der Vater, wir sind eins.

Und daher kommt es dann, dass die erste Gemeinde ihm den Titel gibt, den Hoheitstitel : "Er ist wahrlich der Sohn Gottes!"

Jesus bezeugt Gott unter uns; wer Ihm folgt, hat das Licht des Lebens. Und zuletzt sagt Jesus: "Ihr richtet nach Menschenart, doch ich richte niemand"

Und das ist das letzte, was wir von diesem Text lernen wollen; Jesus ist auf Erden kein Richter.

Er ist das Licht der Wahrheit, in dem wir erkennen, wie es um uns bestellt ist.

Jesus bezeugt Gott. Auch in den alten Bildern wird immer betont; erst nach der irdischen Zeit fährt Jesus auf zu Gott, erst von dort wird er richten. Am Ende, wenn jeder seine Zeit hatte. Bis dahin richtet uns Jesus nicht. Vielmehr bittet er noch, als er am Kreuz hängt, für die Menschen: "Vater, vergib ihnen was sie tun!'

Er sagt: Ich bin nicht gekommen, zu richten, sondern selig zu machen und zu suchen, was verloren ist.

Das gilt für uns. Denn die Bibel sagt immer wieder; wie Christus, so die Christen.

Darum gilt es für uns auch, dass wir Christus mit unserem Leben zu bezeugen haben, aber dass wir niemanden zu richten haben. Wir haben nicht herumzugehen mit unserem kleinen Glaubenslämpchen, um anderer Leute Glauben zu untersuchen, oder gar mit Zensuren auszustatten. Denn wer richtet, der stellt sich drüber. Uns ist die große Gnade zuteil geworden, dass wir nicht zu richten brauchen. Uns selbst nicht, und andere auch nicht. Und viel Leid, und viel trauriges Minderwertigkeitsgefühl in uns kommt eben daher, dass wir einander richten. Und das, womit wir die Anderen richten, das fällt auf uns selbst zurück. Und dann fühlen wir uns manchmal so klein, und lassen uns beeindrucken von anderen.

Wer auf’s Richten verzichtet, der kommt selbst nicht in’s Gericht. Einer, der andere richtet, der verheddert sich in seiner selbstherrlichen Gerechtigkeit. Ein groß Teil der Erlösung, die uns Christus gebracht hat, ist auch die Erlösung von dem Zwang, dass wir nicht mehr richten brauchen.

Wer Christus glaubt, sagt die Bibel, der kommt nicht ins Gericht. Zeuge sein, ist etwas anderes, als Richter sein. Ein Zeuge ist Einer, der vor das Gericht dieser Welt tritt, und bezeugt; schaut her, das habe ich erlebt! Ich habe in Christus das Licht meines Lebens gefunden. Ich habe es körperlich erfahren, wie ich von Ihm durch’s finstere Tal geführt wurde.

Zugleich gilt auch; im Lichte seiner Wahrheit habe ich begriffen, wie es um mich steht. Ich habe zur Wahrheit gefunden. Und die Wahrheit war nicht angenehm. Aber ich bin zugleich frei geworden, dass ich als Sünder geliebt bin, und dass ich gerecht bin. Nicht durch meine Werke, nicht durch meine Güte, sondern durch die Liebe Christi allein. Menschen, die so durch die Liebe gerettet sind, und die sich nicht mehr rechtfertigen brauchen, die müssen auch nicht mehr angeben. Und die müssen auch nicht mehr dieses schreckliche Spiel betreiben, andere einzuschüchtern. Sondern die können wahrhaft Bruder und Schwester werden für andere.

Ich bezeuge es mit meinem Leben! So spricht ein Zeuge. Zu richten hat der Zeuge nicht!

Ich bin überzeugt, dass eine Heilung unter uns beginnt, wenn wir nur Christi Geist unter uns wirken lassen, nur noch bezeugen und nicht mehr richten.

Wenn wir unser Augenmerk, die Kraft unseres menschlichen Geistes nur darauf richten würden, Christi Licht unter uns heller zu entzünden und Ihn zu bezeugen.

Der Macht Seines Geistes ist selbst der Tod nicht gewachsen. Und kein Menschenherz wird der Kraft Seiner Liebe widerstehen können, wenn sie erfahrbar ist in der Gemeinde, hier unter uns. AMEN!

Und der Friede Gottes, der höher ist, als unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christo Jesu. AMEN!