Predigt 576

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Predigt vom 05.04.1987 - Pastor Schnabel - 1.Mose 22, 1-13

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen - AMEN!

Liebe Gemeinde! Der Predigttext für diesen Sonntag steht im 1. Buch Mose im 22. Kapitel; es ist die Geschichte von der Opferung Isaaks.

"Gott versuchte Abraham und sprach zu ihm: Abraham! Und er antwortete: Hier bin ich. Und er sprach: Nimm Isaak, deinen einzigen Sohn, den du lieb hast, und geh hin in das Land Morija und opfere ihn dort zum Brandopfer auf einem Berg, den ich dir sagen werde. Da stand Abraham früh am Morgen auf und gürtete seinen Esel und nahm mit sich zwei Knechte und seinen Sohn Isaak, und spaltete Holz zum Brandopfer, machte sich auf und ging hin an den Ort, von dem ihm Gott gesagt hatte.

Am dritten Tag hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte von ferne und sprach zu seinen Knechten: Bleibt ihr hier mit dem Esel. Ich und der Knabe wollen dorthin gehen, und wenn wir angebetet haben, wollen wir wieder zu euch kommen. Und Abraham nahm das Holz zum Brandopfer, und legte es auf seinen Sohn Isaak. Er aber nahm das Feuer und das Messer in seine Hand; und gingen die beiden miteinander.

Da sprach Isaak zu seinem Vater Abraham: Mein Vater! Abraham antwortete: Hier bin ich, mein Sohn. Und er sprach: Siehe, hier ist Feuer und Holz; wo ist aber das Schaf zum Brandopfer? Abraham antwortete: Mein Sohn, Gott wird sich ersehen ein Schaf zum Brandopfer. Und gingen die beiden miteinander. Und als sie an die Stätte kamen, die ihm Gott gesagt hatte, baute Abraham dort einen Altar und legte das Holz darauf, und band seinen Sohn Isaak, legte ihn auf den Altar oben auf das

Holz und reckte seine Hand aus und fasste das Messer, dass er seinen Sohn schlachtete. Da rief ihn der Engel des Herrn vom Himmel und sprach: Abraham! Abraham! Er antwortete: Hier bin ich. Er sprach: Lege deine Hand nicht an den Knaben und tu ihm nichts; denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest und hast deinen einzigen Sohn nicht verschont um meinetwillen. Da hob Abraham seine Augen auf und sah einen Widder hinter sich in der Hecke mit seinen Hörnern hängen, und ging hin und nahm den Widder und opferte ihn zum Brandopfer an seines Sohnes Statt."

Gott segne an uns dieses Wort!

Liebe Gemeinde! Diese Geschichte gehört zu unserer Tradition, und wir wissen Gott sei Dank wie sie ausgeht.

Unsere Vorfahren haben sich ganz unbefangen die biblischen Geschichten vorgestellt. Sie versetzten diese Szenen aus der biblischen Zeit in ihre Gegenwart. Sie zogen den handelnden Personen die Kleidung ihrer Zeit an, und sie ließen diese Geschichten vor den Toren ihrer eigenen Stadt spielen.

In der Nicolaikirche in Lüneburg können Sie auf großen, schönen Gemälden Geschichten aus dem Alten Testament dargestellt sehen vor der Stadtsilhouette von Lüneburg.

Ich entsinne mich eines Bildes aus dem 17.Jahrhundert, das ich in einer Kirche in Süddeutschland gesehen habe. Dieses Bild zeigt die Geschichte von Isaaks Opferung. Vater Abraham, in der Kleidung eines Edelmannes dieser Zeit, aber nun nicht mit einem Messer, sondern mit einer Muskete; einem alten Gewehr mit einer Pulverpfanne. Abraham, mit einem schmerzverzerrtem Gesicht, ist Gott gehorsam und zielt mit diesem Steinschlossgewehr auf seinen Sohn. Und nun das Entzückende auf diesem Bild: über dieser Szene schwebt ein pausbäckiger Engel, ein kleiner Engeljunge, das sieht man sehr deutlich, der genau auf die Pulverpfanne dieser Muskete pinkelt.

Da wird das Pulver naß und der Schuß kann nicht losgehen. Und über diesem ganzen Bild steht auf einem Spruchband: "Abraham, dein Tun’s ist umsunst, der Engel auf die Pfanne brunzt".

Diese Geschichte behandelt ein altes, urmenschliches Thema. Seit unsere Vorfahren in der Höhle lebten, haben sie bis heute die Angewohnheit, mit Gott zu handeln und Bedingungen zu stellen. Jeder von uns hat das schon getan, als Kind vielleicht, oder auch als Erwachsener; Lieber Gott, wenn du mir jetzt in dieser Sache hilfst, dann will ich an dich glauben! Oder wir haben gesagt: Lieber Gott, ich opfere dir dies und das, dafür sollst du aber Unvorhersehbares, Störendes abwenden, damit ich in Ruhe meine Pläne ausführen kann. Hier steht Gott für die feindliche Schicksalsmacht, die man bestechen muss. In allen alten Völkern ist das geschehen, das geht bis hin in den Schimmelreiter von Theodor Storm. Sie erinnern sich, da wird ein Deich gebaut, und sie versuchen das kleine Hündchen da mit einzuschütten, damit die Schicksalsmacht etwas "Lebiges" hat, wie die Leute sagen, damit der Deich halten kann. Und die ersten Geschichten der Bibel, die fangen tatsächlich damit an, dass Menschen opfern, dass Menschen Angst haben vor der Schicksalsmacht. Aber zugleich merken wir, und das ist das Große an diesen biblischen Geschichten im Alten Testament, sie führen aus diesem Heidentum heraus. Aus diesem finsteren Heidentum, in dem Gott ein Götze ist, der die Menschen zu Sklaven macht.

Gott lässt sich immer neu erfahren; und dazu benützt er Abraham.

Er ist eine wichtige Gestalt, er ist der Mann, den Gott herausgreift, und der erfährt, dass Gott größer ist, als alle unsere Vorstellungen von ihm. Er erfährt: mit Gott kann man nicht handeln; sondern Gott handelt mit uns.

Bis zu Abraham gingen die Menschen davon aus: habe ich Erfolg und Sieg, habe ich das, was ich für Glück halte, dann belohnt mich Gott. Habe ich Niederlage und Leid, dann bestraft mich Gott.

Abraham aber macht ganz andere, neue Erfahrungen. Er entdeckt etwas nie Dagewesenes; er entdeckt, dass Gott auch durch Niederlagen handelt. Dass er durch Leid und durch Durststrecken handelt, ohne, dass ich in der jeweiligen Situation im finsteren Tal, überschauen könnte, was vor sich geht. Gott ist größer, und er geht Wege mit uns, die wir uns oft noch nicht mal träumen lassen. Es gibt keine Absicherung.

Das Leben muss nach vorn gelebt werden, und Vertrauen und Gehorsam ist die einzig angemessene Haltung gegenüber Gott; und daraus allein kommt die Freiheit zum Leben.

Wir leben nicht immer in dem Bewusstsein, dass unser Leben unsicher ist. Aber wenn wir tief genug nachdenken und Andacht halten, dann wissen wir; es gibt keine Sicherheit, die wir selbst schaffen können.

Wir sind nicht sicher vor unvorhersehbaren Niederlagen. Wir sind andererseits auch nicht sicher vor unvorhersehbarer Freude und vor Glück. Und wenn man das bis in den Kern verfolgt, dann kann man feststellen, dass wir Menschen eigentlich beides fürchten. Wir haben Angst vor allem Unvorhersehbaren: vor der unvorhersehbaren Freude, und auch vor dem Unvorhersehbaren, was sich in Angst und Niederlage ausdrücken kann. Wir haben Angst vor allem, was wir nicht steuern und was wir nicht verfügen können. Wir haben im Grunde auch Angst vor der Liebe, weil sie die Verhältnisse, die von uns geordnet und organisiert sind, sehr schnell durcheinander bringen kann. Wir haben Angst vor dem Geist Gottes, weil wir alle spüren, dass er uns Wege führen könnte, die herausführen aus dem, was wir gemeinhin für ordentlich und anständig halten. Da wird das Leben unkontrollierbar, absehbar nur von Tag zu Tag und zugleich auch reich und tief.

Die ganze Bibel ist voll mit Geschichten von Aufbrüchen und von unvorhersehbarem Geschehen.

Der Geist Gottes bricht mit gewaltigem Brausen über die erste Christengemeinde herein. Er macht eine Gemeinde aus diesen Menschen. Und keiner weiß noch richtig, was daraus werden wird.

Paulus, ein Mann der starren Ordnung des Gesetzes, der Absehbarkeit, des regulierten Geistes, der fällt wie vom Blitz getroffen vom Pferd und tappt umher, hilflos wie ein Kind, als er Christus begegnet.

Die ersten Jünger, Fischer von Beruf, sie begegnen Jesus und werfen ihre Netze hin und folgen ihm nach.

Da gibt es Geschichten von hartherzigen Geizhälsen, sie geben ihr Geld auf und gehen mit Jesus, als er ihre Hand und ihr Herz anrührt.

Da werden Huren heilig. Es sind Aufbrüche des Geistes, und die haben Geschichte. Diese Aufbruchgeschichten, die fangen im Alten Testament mit Abraham an.

Abraham bricht aus seiner behäbigen, vertrauten, gesicherten Heimat auf, weil Gott ihm sagt: "Geh aus deinem Vaterland, und von deiner Verwandtschaft, und aus deines Vaters Haus, in ein Land, das ich dir zeigen werde!" Und was dann folgt, ist für Abraham ein äußerst bewegtes Leben. Eine Gratwanderung, ein Weg am Abgrund entlang, auch über lichte Höhen, ein ungesichertes Leben, und ein ständiges Unterwegssein. Und immer wieder erfährt Abraham Niederlagen. Kaum meint dieser Abraham, etwas zu erkennen, dass er etwa weiß; aha, in die Richtung will Gott wohl mit mir gehen, das hat er vor. Da wird ihm das Bild wieder zerbrochen, das er sich gemacht hatte. Abraham denkt an die Verheißung, dass er einen Sohn haben soll. Nachkommen, hat Gott gesagt, so zahlreich, wie die Sterne am Himmel. Und mit dieser Verheißung wird er immer älter und es geschieht nichts. Nach menschlichem Ermessen sinkt für Abraham immer mehr die Wahrscheinlichkeit, dass Gott sein Wort auch einlöst, und dass er doch noch einen Sohn haben wird. Abraham wird dann auch ungeduldig. Und er will Gottes Verheißung aus eigener Kraft nachhelfen. Er will es selbst auslösen. Er tut das, was er nach der eigenen Wahrscheinlichkeit für möglich hält. Und er belügt den Pharao. Er lässt sich von seiner Frau Sarai, die keine Kinder bekommt, überreden, doch mit seiner Magd Hagar zu schlafen, um der Verheißung Gottes ein bisschen nachzuhelfen. Und bei allem, was er selbst tut, wo er denkt; "ach, Gott hat vielleicht nicht recht die Kraft, es durchzubringen, ich werde nachhelfen", dabei fällt er immer auf die Nase. Immer wenn er eigenwillig wird und sich nicht führen lässt, gerät es ihm daneben. Abraham sieht zu Zeiten in seinem Leben nur Niederlagen. In diesen Niederlagen kann er noch gar nicht erkennen, wohin Gott ihn noch führen will. Dass Gott auch in Niederlagen handelt, das lernt er erst hinterher. Im Grunde ist Abrahams ganzes Leben ein einziges großes Hinfallen und Wiederaufstehen und Geführtwerden. Er lernt in seinem Leben, dass Gott auch durch Niederlagen handelt.

Die Bibel erzählt Abrahams Geschichte als ein Lehrstück wie Leben geht.

Es ist ein reiches, tiefes Leben, es ist aber nicht bequem. Abrahams Leben ist auch nach dem Tode noch ohne Ende, denn Gottes Verheißung wirkt über den Tod des Abraham hinaus. Das Geschehen seines Lebens ist ein kleiner Ausschnitt von einem Großen. Es ist ein Durchgang; es wirkt nach. Und darum geht mir’s so, wenn ich in der Bibel diese gar nicht so lange Geschichte Abrahams lese, dass dieser Abraham auch im Alter von 100 Jahren nicht fertig wirkt. Dass er nicht erwachsen und festgefahren wirkt. Auch der alte Abraham hat immer noch etwas jugendliches und bewegliches an sich.

Er ist immer noch leidensfähig und liebensfähig, Auch da, wo es ihm ans Herz geht, zum Beispiel, wo er als alter Mann den einzigen und lang ersehnten, geliebten Sohn opfern soll.

An Abrahams Leben sehen wir Gottes Geist am Werk. Abraham selbst nennt diesen Geist, diese Kraft, einfach "HERR". Er kann Gott nicht beschreiben, er hat keinen Lehrsatz und kein Glaubensbekenntnis. Es gibt noch keinen Tempel und keine Priester zu dieser Zeit. "Der HERR" sagt er, "der HERR", das ist das Ganze, der, der alles Leben geschaffen hat, der, der in seinem Leben handelt. Der HERR, er überrascht ihn immer wieder. Und manchmal schweigt der HERR auch über Jahre. Da heißt es einfach in der Bibel, im 17. Kapitel im 1. Buch: "Und er hörte auf, mit Abraham zu reden". Und dann ist ein, zwei Jahre Funkstille.

Wer also zu Zeiten von Gott nichts spürt, der ist da in guter Gesellschaft.

Der Herr sprengt alle Vorhersehbarkeit, jeden menschlichen Rahmen. Gott, die große Kraft, der Schöpfer Himmels und der Erden, der lässt sich nicht festlegen.

Die Menschen versuchen immer wieder, diesen Großen, Unheimlichen, Lebendigmachenden zu regulieren und zu kanalisieren. Im Grunde ist auch eine organisierte Kirche und ein organisierter Gottesdienst letztlich der Versuch, den Geist, der mit Brausen vom Himmel kommt, zu kanalisieren. Das Opfer, die organisierte Religion mit Priestern und Tempeldienst, das sind Versuche, Gottes Geist zu zähmen, etwas steuerbar zu machen, was uns im Grunde unheimlich ist.

Gott sei Dank haben wir dieses Gespühr, dass Gott unheimlich ist, dass er gefährlich ist für unsere zementierten Pläne und Wünsche.

Gott sei Dank gelingt es nicht, Gott zu reglementieren, sondern Gott ist lebendig und geschieht, und geschieht immer anders und neu im Leben jedes Menschen.

Er ist uns voraus und führt uns Wege, die wir noch gar nicht kennen.

Abraham hat das am eigenen Leben gelernt und erfahren. Er ist immer wieder überrascht und gerettet worden. Seine eigenen Pläne wurden dabei immer durchkreuzt oder umgelenkt.

Aber nun haben wir heute am Sonntag diesen Text von dem letzten großen Zusammenbruch im Leben Abrahams; er soll Isaak opfern, den einzigen, langersehnten und geliebten Sohn, Alle seine Hoffnungen, seine Wünsche, seine Träume, die Erfüllung seines Lebens hängt an diesem Sohn und den soll er opfern. Die schlimmste Niederlage seines Lebens steht bevor. Es ist ein Aufbruch in’s Nichts, in den Abgrund. Es ist bewegend, die Bibel hier zu lesen, und man spürt richtig, wie sich dieser alte Vater Abraham dahinschleppt und wirklich nichts mehr sieht; so sinnlos.

Er macht sich auf zum Abgrund. Und da am Abgrund macht er die ganz neue Erfahrung, die bis in unsere Tage hineinwirkt. Und das ist das Wichtige, Strahlende an dieser Geschichte, was epochal in der Geschichte der Menschheit eine neue Zeit einläutet; Gott will keine Opfer, sondern Gehorsam. Vertrauen in das Geschehen, das wir nicht steuern können.

"Lege deine Hand nicht an den Knaben, denn nun weiß ich, dass du Gott fürchtest!"

Es ist wie nach einer Prüfung. Abraham hat die Prüfung bestanden. Und mit Abraham ist ein neuer Mensch da, der gelernt hat, dass Gott lebendiger Geist ist, der uns im Leben auch durch Niederlagen und durch Leid in die Weite führt. Der uns wachsen lässt, der uns neues Heil eröffnet, wo wir mit unseren eigenen Möglichkeiten zu - nächst nur den Abgrund und den Zusammenbruch sehen. Wo wir am Ende sind mit unseren Möglichkeiten.

Mit dieser neu gelernten Gotteserfahrung soll Abraham ein Segen sein für alle Völker der Erde, sagt Gott zu ihm.

Nach dem Erschütternden, was dieser Vater Abraham erlebt hat, kann er fortan nur noch lachen über diese hilflosen Versuche der Menschen, wenn sie mit selbstgemachten Prognosen und Gesetzen und Opfereien und Ritualen versuchen, einen Fahrplan ihrer persönlichen Geschichte, oder auch der Weltgeschichte, zurecht zu bastelt.

Wir sind alle nicht sicher vor dem Brausen des Geistes und vor der Liebe Gottes, und vor der Liebe untereinander.

Es ist nicht zufällig, dass wir diese Geschichte von der Opferung Isaaks in der Passionszeit hören. Da drängen sich natürlich Parallelen auf zum Tode Jesu Christi. Er, den sie den Sohn Gottes nennen, der soll ja auch geopfert werden. Und wir haben gelernt, Gott sei zornig über die bösen Menschen gewesen, und hätte zur Besänftigung seines Zornes nach Blut verlangt. Jesus hätte Gott sein Blut gegeben, damit wir Menschen nicht daran glauben müssten. Und das stimmt in einem gewissen Sinne, in einem bestimmten Deutungsmuster. Aber auch dieser Deutungsrahmen wird gesprengt, wenn wir die Abrahamgeschichte daneben halten. Die beiden Geschichten hängen zusammen. Nur, als Christus gekreuzigt wird, wer will denn da Jesus als Opfer haben? Ausgerechnet Er wird der Gotteslästerung verklagt und bezichtigt. Jesus hält die Regeln nicht ein, die die Priester gemacht haben nach dem Willen des Volkes. Das sind die Mechanismen, die die Zukunft regulieren, die den Geist zähmen und ordnen und verwalten wollen, damit er nicht gefährlich wird, nicht gefährlich für die Pläne der Menschen. Und Jesus sprengt den Rahmen und lebt das, was Gott will, gehorsam bis zum Kreuz. Und als das Volk gefragt wird, sagen sie: "Kreuzigt ihn!" Das Volk war es, und das Volk will ihn als Opfer haben. Jesus soll sterben, damit die menschliche Ordnung, die selbstgebastelten Pläne, nicht durcheinander kommen. Wo kommen wir denn da hin, wenn die Liebe gelten soll? Und wenn man nicht mehr genau sagen kann, wer vor Gott was verdient hat?

Jesus lebt in Abrahams Gotteserfahrung, und Jesus wächst weit über Abraham hinaus.

Er stirbt am Kreuz, gehorsam, im letzten Schrei noch vertrauend, dass Gott auch den Rahmen des Todes sprengen kann.

Gott hat ihn auferweckt. Der, den die Menschen geopfert haben, den hat Gott auferweckt. Und immer wieder haben wir in Christus vor Augen, wie Gott den Rahmen sprengt, wie er uns an Abgründen entlang, durch Niederlagen hindurch, zu neuem Leben führt.

Die Passionszeit feiern, heißt sicherlich auch, dass jeder Mensch mal seine Geschichte im Lichte der eigenen Niederlagen betrachtet.

Wenn man sich irgendwo bewirbt, da schreibt man ja einen Lebenslauf. Und da erzählt man immer eine Lebensgeschichte der Siege, beschreibt, was man mit Erfolg gemacht hat. Seine Niederlagen Schreibt man da nicht hin.

Eine Passionsandacht halten, könnte sein, eine Geschichte der eigenen Niederlagen festzuhalten, und das eigene Leben daraufhin einmal durchzugehen.

Erinnert euch der Niederlagen, des Weges, den Gott euch geführt hat.

Achte mal auf deine Niederlagen. Gott handelt auch durch Niederlagen. Am Abgrund und in der Niederlage sind wir nämlich Gott oft viel näher, als auf dem Gipfel des selbstgemachten Erfolges.

Da, wo Gott unsere eigenen Lebensentwürfe zerbricht, da werden ja auch unsere eigenen, selbstgemachten Gefängnisse zerbrochen, und wir können wieder frei werden.

Und wir werden mutig, etwas im Leben zu riskieren. Und wir werden empfänglich für den Geist unseres Herrn.

Und der Friede Gottes, der höher ist, als unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christu Jesu - AMEN!