Predigt 533 zum 3. Advent

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Predigt vom 15.12.1985 - Pastor Schnabel - 3. Advent - 1. Kor. 4, 1-5

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen! AMEN!

Woran erkennt man einen Christen? Paulus sagt es im 1. Korintherbrief im 4. Kapitel. Es ist der Predigttext für diesen 3. Advent:

"Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi und Haushalter über Gottes Geheimnisse. Nun fordert man nicht mehr von den Haushaltern, als dass sie für treu befunden werden. Mir aber ist’s ein Geringes, dass ich von euch gerichtet werde oder von einem menschlichen Gericht: auch richte ich mich selbst nicht. Ich bin mir zwar nichts bewusst, aber darin bin ich nicht gerechtfertigt; der Herr ist’s aber, der mich richtet. Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und wird das Trachten der Herzen offenbar machen. Dann wird einem jeden von Gott sein Lob zuteil werden."

Gott segne an uns dieses Wort!

Liebe Gemeinde!

Neben Querelen, die Paulus als öffentliche Person auch in Korinth erlebt haben mag, sind es doch im Wesentlichen drei Dinge, an denen man einen Christen erkennt.

- Erstens: Dass er ein Diener Gottes ist. - Zweitens: Dass er Gottes Geheimnisse bewahrt und damit richtig umgeht. - Und drittens: Dass er allen Menschen gegenüber frei ist.

Ihm ist gleichgültig, was andere über ihn denken. Ihm ist auch gleichgültig, was er zu Zeiten von sich selbst zu denken versucht ist. Er urteilt selbst auch nicht über andere. Das überlässt er Gott.

Zum Ersten: Woran erkennt man einen Menschen, dass er ein Diener Christi ist?

Ein Diener ist zunächst ein Mensch, der im Dienst eines Herrn steht. Und es kommt vor allem auf dieses Dienstverhältnis an.

Wir wissen aus Geschichten und aus dem Leben, dass es vergessliche Diener gibt und faule Diener, fleißige Diener, flinke und langsame Diener. Diener, die lügen, die stehlen, umsichtige und ehrliche Diener. Diener, die treu sind.

Aber auch ein fauler Diener ist ein Diener, solange er nicht entlassen ist.

Mir fällt da so ein alter sächsischer Spruch ein: "Wie der Herre, so’s Gescherre.”

Das heißt: Von dem Diener kann man auf den Herrn schließen.

Nun ist das allerdings, wenn man’s auf Christus und die Seinen überträgt, nicht sehr schmeichelhaft für den Herrn angesichts seiner Dienerschaft.

Es gibt wohl hervorragende Diener und Dienerinnen, wenn man z.B. an Mutter Theresa denkt, oder an Martin von Tours, an Franz von Assisi oder Martin Luther, oder an Dietrich Bonhöffer.

Es gibt auch hervorragende Diener und Dienerinnen in dieser Gemeinde, die nicht so berühmt sind, die da, wo sie ihr Tägliches bestehen, durchaus gute Diener Christi sind. Von diesen Dienern kann man auf den Herrn schließen. Bei vielen anderen Dienern ist das nicht so.

Der Heilige Franz z.B. war ein Diener Christi. Und er ist am Ende seinem Herrn so ähnlich geworden, dass sogar die Nägelmale seines Herrn an seinem Leib zutage traten.

So weit ist es mit uns nicht her. Trotzdem unterstelle ich jedem von euch, dass ihr Diener Christi seid. Und ich behaupte auch von mir selbst, ein Diener Christi zu sein.

Ihr habt gehört, es gibt faule und fleißige Diener. Aber solange das Dienstverhältnis besteht, sind wir Diener, unser Herr hat uns nicht entlassen. Und dass ER sich weiterhin zu uns bekennt, ist eher seiner Liebe als seiner Gerechtigkeit zuzuschreiben.

Wir sind ja immerhin hier versammelt, um das Wort unseres Herrn zu hören. Und es wird sich nach dem Hören herausstellen, was für Diener wir sind. Aber grundsätzlich unterstelle ich jedem von euch, eine Dienerin und ein Diener Christi zu sein, von welcher Qualität auch immer, das habe ich nicht zu entscheiden. Das haben die Diener des Herrn auch nicht untereinander auszumachen und einem zuzusprechen oder einem abzusprechen. Das wird der Herr, dem wir dienen, selbst einmal entscheiden. Das zweite Erkennungsmerkmal, von dem Paulus spricht: Christen sollen die Haushalter über Gottes Geheimnisse sein.

Ihr werdet euch wundern und fragen, was das für Geheimnisse Gottes sind, die wir der Welt gegenüber zu bewahren haben. Nun, ein Geheimnis ist etwas, das nur wenige wissen oder das vielleicht nur einer weiß. Ein heißer Tipp ist z.B. ein Geheimnis, ein kostbares Wissen, etwas, womit man etwas anfangen kann. So ein heißer Tipp ist ein Geheimnis, das kann sein, wie ein Zauberwort, wenn du es kennst, das kann dich über Nacht reich machen.

Ich will euch ein Beispiel sagen:

Wenn mir nachher jemand nach dem Gottesdienst im Vertrauen sagen würde: Ich weiß da ganz sicher eine Aktie, die wird in vier Wochen um fünf oder sechs Punkte steigen. Dann könnte ich am Montag zur Sparkasse gehen und mir Geld leihen und von diesen Aktien kaufen so viele ich kann. Und am Ende Januar wäre ich dann ein reicher Mann. Natürlich würde ich mir erst den Menschen genau anschauen, der mir hier unter vier Augen diesen heißen Tipp gegeben hat. Und ich würde mich natürlich auch fragen: Warum macht der das Geschäft nicht selbst?

Unser Geheimnis, das wir Christen haben, ist Jesus Christus. Wir haben diesen Christus so, wie einen heißen Tipp. Um es salopp zu sagen: Christus ist der heiße Tipp, den Gott uns gegeben hat.

Um weiter in der Bildrede zu bleiben: Wer das Geheimnis Jesu Christi erkannt hat, der braucht nur noch sein Leben zu investieren und ist dann ein reicher Mensch. Im Leben und Leiden, Sterben und Auferstehen des Jesus von Nazareth hat Gott ein Geheimnis preisgegeben, einen heißen Tipp, was du mit deinem Leben tun musst, um ein reiches, ewiges Leben zu haben.

Das Geheimnis Gottes ist in Jesus Christus verborgen. Und man muss hier auf die Einzelheiten achten. Der Mensch, in dem Gott sein Geheimnis verborgen hat, - das klingt uns wie eine Kindergeschichte, aber da steckt sehr viel drin - an dessen Leben ist nichts zufällig. Er ist das Kind armer, unscheinbarer Leute. Er wird in einem Stall geboren an einem Ort - Bethlehem - der war damals so bedeutsam, wie Deutsch Evern im Rest der Welt. Dieses Kind ist arm. Später werden ihm Macht und Reichtum angeboten, er lehnt es ab, er bleibt arm.

Er ist gegenüber den Mächtigen und Reichen, den Herrschern in Tempel und Schloss, ganz furchtlos. Er liebt die Reichen wie die Armen. Er hilft den Großen herunter vom hohen Ross. Und er liebt die Armen, er hilft ihnen aus ihrem unscheinbaren Leben zu einem neuen Leben hinauf. Seinen Jüngern, die ihn verehren, die sich schon darum streiten, wer der größte Funktionär im Reiche Gottes sein wird, denen wäscht er die Füße. Er ist sich nicht zu schade, mit Sündern und Dieben, Huren und Landesverrätern an einem Tisch zu essen und zu reden. Er redet mit dem römischen Statthalter wie ein König, obwohl er in Handschellen als Gefangener und Geschundener vor ihm steht. Aussätzige macht er rein. Mit Kindern bricht er in lautes Lachen aus im Tempel, zum Ärger der Priester. Die Kinder lässt er zu sich kommen. Die Lahmen und Kranken, alle, die mit leeren Händen und Herzen zu ihm kommen, die nicht mehr weiter wissen, die geistlich arm sind, die heilt er und macht sie rein.

Sie drohen ihm dann mit dem Tod, die, denen er die Preise verdorben hat. Aber er bleibt bei der Wahrheit. Sie kreuzigen ihn: Gott lässt ihn auferstehen.

Merkt ihr? In all diesen Geschichten von, mit und über Jesus ist Gottes Geheimnis verborgen. Und dieses Geheimnis wird nicht in Lehrsätzen abgehandelt, sondern es ist verborgen, und diese Wahrheit leuchtet erst dann auf, wenn du sie auf dein Leben beziehst.

In Jesus Christus zeigt Gott uns Menschen, was er mit uns vor hat. Das heißt: Was heute unscheinbar und klein erscheint, das hat Zukunft. Das Schicksal des einzelnen Menschen; dein Schicksal und das Schicksal des Menschen neben dir, das ist wichtig. Was auch heute noch in der großen Öffentlichkeit als nebensächlich erscheint, das wird einmal einen hohen Wert haben. Investiere also nicht dein Leben in das, was heute glitzert und mächtig erscheint. Der Wert dieser "Aktien" fällt todsicher. Investiere dein Leben in die "Aktien" die da heißen: versöhnende Energie, Vergebung, kluge Barmherzigkeit, liebevolle Tatkraft, Gerechtigkeit. Suche das Leben nicht in der Illustrierten oder im Fernsehen, nicht in glänzenden Fenstern oder indem du große Fassaden um dich baust, um dich abzuschirmen. Das Geheimnis Gottes ist verborgen in Jesus Christus und verweist uns alle an das wirkliche Leben ohne Fassade, an die Menschen, mit denen wir zu tun haben. Sie sind vor Gott deine Brüder und Schwestern und nicht deine Rivalen. Und was du an ihnen tust, das tust am Herrn.

Wir erkennen an Christus, worum es im Leben geht. Gott will von uns nicht größenwahnsinnige Projekte und Leistungen, und nicht Vorhaben, mit denen wir uns gegenseitig imponieren. Damit wollen wir unserem Leben ja auch selbst nur einen Sinn geben.

Und nun das Letzte von den drei Dingen, wo Paulus sagt, daran erkennt man einen Christen: Christen haben nicht zu richten. Christen ist es gleichgültig, wie andere über sie urteilen. Und ihnen ist es auch gleichgültig, was sie von sich selbst halten. Sie urteilen selbst nicht über andere, das Urteilen überlassen sie dem Herrn. Wir sollen auf das Richten verzichten.

Ich muss dazu deutlich sagen: Damit ist nun nicht der große Rahmen des staatlichen Strafrechts gemeint. Der ist leider nötig, um die Gerechtigkeit für das öffentliche Leben zu sichern.

Wenn die Bibel hier vom Richten spricht, dann ist damit das Gerede gemeint, das Bewerten untereinander, mit dem wir anderen Menschen Sinn und Wert zu- oder absprechen. Dieses Richten ist gemeint, darauf sollen wir verzichten.

Das Richten zerstört die Gemeinschaft und macht uns untereinander zu Richtern. Und dann werden wir, die wir Brüder und Schwestern sein sollen, zu Rivalen, die sich gegenseitig in die Pfanne hauen.

Wenn wir ohne Gottes Geheimnis in Jesus Christus leben, dann werden wir geradezu in einen Strudel gezogen und können dann gar nicht mehr auf das Richten verzichten, wir sind dann zum Richten verdammt. Denn wenn wir in Jesus Christus nicht begreifen, dass Gott uns geschaffen hat und dass wir seine Kinder sind, dass wir unser Dasein nicht verdienen können; wenn wir das nicht begreifen, dann sind wir dazu verurteilt, ständig abzuchecken, wer was wert ist. Wer einmal anfängt zu richten und nachzumessen, wie viel ein Mensch wert ist, der kommt in Teufels Küche. Denn er hat dann keinen Bruder und keine Schwester mehr, sondern nur noch Rivalen, die er klein halten muss, damit er selbst groß erscheinen kann. Das ist ein böses Spiel, das gibt es bis in die Familien hinein. Das Richten und Urteilen macht alles kaputt.

Und nun sagt Paulus am Ende, wie frei dagegen ein Mensch ist, der sich durch Jesus Christus Gottes Geheimnis zusprechen lässt.

Du bist mehr, als du je leisten kannst. Du musst nicht mächtiger sein, als du eben bist. Macht und Glanz und Imponiergehabe sind fallende "Aktien". Du bist schon gerechtfertigt, du brauchst nichts mehr zu tun, um dein Dasein zu rechtfertigen. So, wie du als Kind getauft wurdest ohne, dass du etwas vorweisen konntest, so ist dein Wert allein von Gott her bestimmt. Und diesen Wert verlierst du nie.

Und wenn andere dich richten oder dir deinen Wert absprechen wollen, dann brauchst du gar nicht hinzuhören, denn der Wert, den dir Menschen zusprechen können, den kannst du schnell verlieren, wenn du einmal nicht mehr so bist, wie sie dich haben wollen.

Wenn ich durch die Triftstraße komme, sehe ich ein Haus mit einem Balken über der Tür, darauf steht auf Plattdeutsch: "Tu’, was du willst, die Leute reden doch." Man müsste diesen Spruch umwandeln, denn ich glaube, dass dieser Spruch so nicht stimmt, denn dieses Selbstbewusstsein haben wir aus uns selbst nicht. Aber wenn man sagen würde: Tu’, was Gott von dir will, und dann lass die Leute reden. Dann wäre dieser Satz wahr. Bismarck hat es so genannt, er hat gesagt: "Sie fürchten Gott und sonst nichts auf der Welt." Das klingt hier bei Paulus auch an. Du bist Gottes Kind und Christus ist in die Welt gekommen, um das zu besiegeln. Das kann dir keiner nehmen, das macht dich frei; das macht dich frei, aus dem Gehorsam heraus gerecht und liebevoll zu leben. AMEN!

Und der Friede Gottes, der höher ist, als alle unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christo Jesu - Amen!