Kinderpredigt 565

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Kinderpredigt vom 30.11.1986 - Pastor Schnabel

Liebe Kinder!

Ich will euch eine Geschichte erzählen, die mit dem Evangelium zu tun hat. Heute ist der Advent, da warten wir auf die Ankunft Christi.

Einmal, kurz nach dem Krieg, ist eine Gruppe von Jugendlichen mit dem Fahrrad nach Dänemark gefahren. In der Jugendherberge haben sie übernachtet. Und beim Abendessen hat ihnen der Herbergsvater erzählt: morgen kommt der König hier durch den Ort! Er wohnt in der Nähe, er macht hier Sommerferien. Und da haben die Jugendlichen - es waren Jungs und Mädchen aus Deutschland - gesagt: Wir haben noch nie einen König gesehen, wir wollen den König sehen! Dann haben sie sich vom Herbergsvater erklären lassen, wo der König vorbeikommt. Da hat der Herbergsvater gesagt - das war ein Däne, er hat ein bisschen so gesprochen wie Sten Andersen - er hat gesagt: da müsst ihr wohl da an die Straße gehen, und da kommt der König vorbei, ein sehr freundlicher Mann, und ihr müsst nur warten!

Und so sind sie auch am nächsten Tag an die Straße gegangen und haben gewartet, dass der König vorbeikommt.

Nun hatten sie natürlich eine bestimmte Vorstellung, wie der König aussehen müsste. Ein König, so dachten sie, der müsste mit dem Mercedes vorbeikommen oder im Rolls Royce.

Und so hielten sie Ausschau. Immer, wenn ein Auto vorbei kam, dachten sie: ach, das ist ein normales Auto, da kann der König nicht drin sitzen. Es gab aber gar nicht so viele große Autos. Die meisten Autos waren kleine Autos. Es kamen auch viele auf dem Fahrrad vorbei. Einmal kam ein Mercedes vorbeigefahren, aber da saß eine Frau drin, die sah aus, wie die Frau - na, den Namen wollen wir nicht nennen.

Und sie haben lange gewartet. Sie standen da auf dem Radweg neben dieser großen Autostraße. Einmal kam ein älterer Herr vorbei auf dem Fahrrad. Er hielt an und sagte: Na Jungs, wo kommt ihr denn her? Und da haben sie es ihm erzählt. Da hat er gesagt: Was macht ihr denn hier, ihr steht wohl schon ’ne Weile da? Ja, haben sie gesagt, wir warten auf den König! Und dieser alte Herr, der rauchte seine Tabakspfeife, schenkte ihnen einen Eukalyptusbonbon und sagte: Wie sieht denn der König aus? Ach, haben sie gesagt, wir haben ihn noch nicht gesehen, aber wir sind sicher, dass er hier in einem großen Auto vorbeikommt!

Sie haben dann noch lange gewartet. Der König kam nicht. Und als es ihnen zu lange war, sind sie nach Hause in die Jugendherberge. Und da stand der Herbergsvater und hat gesagt: Nun, Kinder, habt ihr unseren neuen König gesehen? Da haben sie gesagt: Nee! Da sind Autos vorbeigekommen, aber der König hat nirgends dringesessen! Ja, und habt ihr sonst niemanden gesprochen? Doch, haben sie gesagt, da kam ein alter, freundlicher Herr, der ist hinter uns auf dem Fahrrad angefahren gekommen und hat mit uns geredet!

Und nun ratet mal, wer der König wirklich war. (Antwort: der in der Jugendherberge! ) Nein, der in der Jugendherberge war ja der Herbergsvater! (Antwort: der alte Herr!)

Der alte Herr, der da so ganz normal auf dem Fahrrad kam, das war der König!

Ihr Kleinen und Großen könnt viel lernen aus dieser Geschichte, die ich für uns sehr wichtig halte.

Wenn man nämlich in die falsche Richtung seine Erwartungen richtet, wenn man in die falsche Richtung hofft, dann sieht man gar nicht, was um einen herum geschieht.

Wir erwarten die Erlösung immer von dem Glanz, von der großen Welt. So, wie die Jugendlichen gedacht haben: wenn der König kommt, dann kommt er in einer großen Limousine angerauscht. Stattdessen stand er neben ihnen und redete mit ihnen und schenkte ihnen Eukalyptusbonbons.

Wir spielen ja das Kirchenjahr wie ein großes Bühnenstück. Und nun ist der erste Akt, der erste Advent: Erwartung - die Bühne geht auf und wir spielen Erwartung.

Wir wissen ja natürlich, dass Christus in die Welt gekommen ist. Aber was an unserer Erwartung richtig ist, das ist dies, dass wir noch gar nicht alles von Christus verstanden haben, und dass er erst zu uns kommen muss, und dass wir die Türen und Tore weit machen müssen.

Also - guckt nicht so auf die großen Autos und auf das Glanzvolle, sondern guckt in die Nähe und in die Heimlichkeit. Guckt dahin, wo das Fernsehen nicht hinkommt. Da können wir Christus begegnen. AMEN!