Predigt 570 zum Matt. 4, 12

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Predigt vom 11.01.1987 - Pastor Schnabel - Matt. 4, 12 - 17

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen - AMEN!

Liebe Gemeinde!

Die in der Finsternis waren und im Schatten des Todes saßen, denen ist ein Licht aufgegangen. Von: diesem Bibelwort her, kommt das in unserer Sprache sprichwörtlich gewordene Wort: "Uns ist ein Licht aufgegangen."

Es geht uns wie den Hirten in finsterer Nacht, die ein Licht sehen, und die sich zum Stall aufmachen, um zu sehen, was geschehen ist In ihm erkennen wir, worum es im Leben geht, was gültig ist im Leben, wie im Tod, in Raum und Zeit, und über Raum und Zeit hinaus. Jesus sagt im Johannesevangelium:

"Ich bin in die Welt gekommen als das Licht, damit jeder, der an mich glaubt, nicht im Finsteren bleibt."

Die Finsternis ist leicht darzustellen. Wir haben Erfahrungen mit der Finsternis gemacht. Ich kann mich erinnern, wie ich aus der Kindheit erwachte, und mich als Jugendlicher auf der Bühne dieser Welt wiederfand. Jeder erfährt das früher oder später: Du fragst plötzlich nach dem Sinn. Du erfährst finstere Mächte, die dich durch’s Leben treiben wollen. Du erfährst die Finsternis der Sinnlosigkeit, die dich schreckt. Du erkennst keine Zusammenhänge. Ich kann mich entsinnen, dass ich als Jugendlicher die glücklichen, erfüllten Stunden zählte - sozusagen Buch führte - und daneben die mühsamen, tristen Stunden hielt und erkannte; es lohnt sich nicht, es ist einfach zu wenig Glück für diesen ganzen Aufwand meines Lebens. Als Jugendliche hatten wir einen scharfen Blick für das, was in der Welt vor sich ging; für jede Verlogenheit und Mogelei. Du hast plötzlich entdeckt, dass die Eltern nicht so vollkommen sind, wie du dachtest. Du hast entdeckt, dass deine Lehrer nicht so eifrig bei der Wahrheitssuche sind, wie sie vorgaben. Du hast entdeckt vielleicht, dass dein Pastor nicht das einlöst, was er hochhält und predigt. Und wenn du als Jugendlicher, als Jugendliche, ehrlich warst mit dir selbst, dann hast du damals schon auch an dir selbst erkannt, dass es dir ähnlich geht. Du hast erkannt, dass in dir selbst das Gute und das Böse miteinander streiten; Licht und Finsternis, Begeisterung und Trägheit. Vielleicht hattest du auch einen Blick für das Leid anderer Menschen. Hast beobachtet und hingehört. Hast Lebensgeschichten erfahren von alten Leuten, wo du auch zu dem Schluss gekommen bist; was hat denn dieser Mensch, dieser Mann oder diese Frau vom Leben gehabt? Und als Jugendlicher, wo du an der Schwelle zum bewussten Leben stehst, erkennst du plötzlich; die Welt der Erwachsenen, die da auf mich wartet, ist düster, und manchmal oberflächlich.

Und ich vermute, dass sich deshalb Jugendliche nach einem ersten Blick in die Erwachsenenwelt oft wieder zurückziehen und Kind spielen wollen. Plötzlich ‚laufen 16/17jährige - aus Spass - mit einem Schnuller herum. Sie führen sich närrisch auf, sie verkleiden sich; nur nicht werden, wie die Alten. Aber irgendwann erkennen sie dann doch; es gibt kein Zurück. Und du erkennst selbst in diesem Alter, dass du Entscheidungen treffen musst angesichts so viel Finsternis. Vielleicht hast du dann auch noch im Geschichtsunterricht aufgepasst und gemerkt, dass der Strom der Menschheitsgeschichte zum großen Teil aus Blut und Tränen ist. Das Morden und Gemordetwerden wälzt sich weiter. Und du erkennst kein Ziel und keine Richtung. Und du siehst zu Zeiten nur die Finsternis, und am Ende den Tod.

Das sollten wir öfters im Sinn behalten, wenn wir unsere erwachsenen, oder erwachsen werdenden Kinder manchmal nicht verstehen.

Daneben gibt es natürlich auch Glück, Verliebtheit, Sommertage. Man ist high. Und weil man manchmal so high ist, ist man dann plötzlich auch wieder so furchtbar down. Um so schmerzlicher empfinden Jugendliche dann gerade auch wieder die Kehrseite, wie zerbrechlich Glück ist, wie wehe es tut, wenn Liebe zurückgewiesen wird, und wie eine Lüge schmerzen kann. Oder wie schnell die schönen Stunden vergehen. Im Grunde ist uns zu Zeiten selbst diese Welt gar nicht so fern. Wir müssen uns nur erinnern. Den Glauben unserer Eltern, wenn sie einen hatten, den Glauben unserer Eltern konnten wir nicht erben. Vielleicht habt ihr von den Eltern dies und jenes geerbt, aber ihren Glauben kann man nicht erben. Wir mussten uns selbst entscheiden. Vielleicht steht bei einigen von euch diese Entscheidung noch aus. Es gibt ja im Leben viele Möglichkeiten der Entscheidung und dabei bestimmte Hauptrichtungen. Es gibt Menschen, die mal verletzt worden sind, die bauen einen Schutzwall um sich herum, dass sie unangreifbar werden, dass nichts mehr ihnen zu Herzen geht. Und leider zu spät merken sie, dass von außen zwar nichts mehr herein kann, aber von innen auch nichts mehr herauskommt. Oder es gibt Menschen, die schwindeln und mogeln sich durch, und verdrängen die anstehenden Fragen. Oder Menschen, die versuchen, durch Tüchtigkeit und Erfolg sich ein Denkmal zu setzen, und sich Sinn zu geben, und sich Ansehen zu verschaffen. Aber wenn du diesen Weg gehst, dann musst du die Friedhöfe meiden. Denn da siehst du, wie schnell Ruhm und Ehre vergeht. An den Grabsteinen steht dann: "sic transit gloria mundi - So vergeht der Glanz dieser Welt". Der Glanz dieser Welt, das ist das, was ich vorhin mit der Taschenlampe gemeint habe. Da kann man bisschen um sich herum leuchten, aber das ist unserer Beliebigkeit anheimgestellt, wo das kleine Licht hin leuchtet. Das ist nicht das große Licht.

Das Düstere, das ich eben geschildert habe, das meint der Prophet mit dem Ort des Schattens und des Todes.

In dieser Finsternis sitzt das Volk, dem ein Licht aufgeht.

Christus ist das Licht der Welt. Christus selbst sagt: Ich habe es nicht aus mir, ich habe es von Gott, meinem Vater, und es strahlt durch mich hindurch.

So ergreifend ist das, wenn wir hier Christvesper feiern, und da liegt wirklich ein Kind in der Krippe. Und du erkennst plötzlich: Aus so einem kleinen Baby hat Gott uns sein Licht entgegengebracht. Da liegt das Kind in der Krippe und die Gemeinde zeigt auf Jesus und singt diese wunderbaren Worte: "Das ewig Licht geht da herein, gibt der Welt ein neuen Schein; es leucht wohl mitten in der Nacht und uns des Lichtes Kinder macht. Kyrieleis."

In Christus ist da etwas hell aufgeleuchtet, was in kleinen Funken der Gottesahnung in jedem Menschen steckt. Auch in Heiden, auch in dem, der aus der Kirche ausgetreten ist, in jedem glimmt da etwas von dem Licht; das dürfen wir nie vergessen!

Das soll uns auch Mut machen, auf andere zuzugehen, und dieses Glimmen wieder zu entfachen. In jedem ist so ein kleiner Funke an Gottesahnung. Das hat Christus in “uns angezündet zu einer Flamme. Die Gottesahnung, die hat es schon bei den Vätern gegeben, bei unseren Vorfahren, die keine Christen waren. "Brüder, über’m Sternenzelt, muss ein lieber Vater wohnen." Das ist ein ferner, glänzender Vater. Aber dieser Gott kommt uns ganz nahe und wird als Mensch erfahren in Jesus Christus.

Im Stall von Betlehem und am Kreuz auf Golgata, da ist Er uns näher, als über’m Sternenzelt.

Christus, das Licht der Welt, hat sich verteilt in die Herzen der Menschen.

Wann weicht die Nacht dem Tage? Hat mal ein Lehrer seine Schüler gefragt. Und die Schüler haben eine Antwort versucht: Wann weicht die Nacht dem Tag? Vielleicht, wenn man den ersten Lichtschimmer am Horizont sieht? Weicht da die Nacht dem Tag? Oder wenn es so hell ist, dass man einen Busch von einem Menschen unterscheiden kann? Ist dann die Nacht dem Tag gewichen? Nein, hat der Lehrer gesagt. Die Nacht weicht dem dann dem Tag, wenn ein Mensch im Gesicht des anderen seinen Bruder und seine Schwester erkennt; dann beginnt der Tag. Damit hat er in diesem Gleichnis gemeint, was im Licht von Gott her auf uns zukommt. Das Licht lässt Vorhandenes anders erscheinen. Der gleiche Mensch, der vielleicht mein Rivale war, der erscheint in dem Licht, das uns von Gott her kommt, als Schwester oder als Bruder.

Wer zu Christus kommt, sieht sein Leben und die Menschen um sich, in einem neuen Licht. Die Welt ins Licht der Hoffnung getaucht, ist keine finstere Welt.

Mir selbst ist das Licht in Menschen begegnet, die von Christus erleuchtet waren. Die sozusagen an diesen Lichtfluss angeschlossen waren, und ohne es zu wissen, sind sie zu einem Licht auf meinem Weg geworden. Menschen, die im Glauben treu blieben, obwohl alles in ihrer Umwelt dagegen sprach. Menschen, die in ihrem Leben Güte und Wahrheit als gültig bezeugten, und die ein so schweres Leben hatten, dass man als Jugendlicher davorstand und sagte; die hat eigentlich gar keinen Grund zur Hoffnung, da muss doch etwas sein, was von außen her kommt. Da muss es noch eine Gültigkeit in diesem Menschenleben geben, die über Raum und Zeit hinausreicht.

Christus sagt im Matthäusevangelium, und das ist jedem von uns verheißen: " Ihr seid das Licht der Welt " Punkt! Ihr sollt das im Leben bezeugen. Uns hat er angesteckt mit seinem Licht. Ihr seht das Licht, was andere vielleicht noch nicht sehen. Darum geht es; auf das Licht in Christus zu schauen und unterwegs bleiben.

In Christus erkennen wir das, was gilt und was Zukunft hat.

Das Licht des Zieles leuchtet von da her auf unseren Lebensweg. Und je näher wir kommen, desto heller wird es.

Christus hat es in uns angezündet. Die Finsternis kennen wir, die kennen auch die anderen Menschen. Auf die kleinen, selbstgebastelten Sinngebungslämpchen verzichten wir. In Christus hat Gott das ewige Licht auf unseren Weg geworfen, und darum können wir überhaupt unterwegs bleiben. Das bezeugen wir in der Finsternis, jetzt in diesem finsteren Leben, wo es noch keine endgültige Lösung gibt, da bleiben wir unterwegs. Wo wir selbst noch Menschen sind, die in sich hell und dunkel haben.

Wir - wie es Luther sagt - die wir Gerechte und Sünder zugleich sind, wir bleiben in Ihm. Denen, die im Schatten des Todes leben, ist ein Licht aufgegangen.

Alles, was wir in Seinem Lichte leben und tun, ist nicht verloren und reicht über die Zeit hinaus.

In der Physik gibt es ein Gesetz von der Erhaltung der Energie. Und soetwas ähnliches haben wir in Christus erkannt. Man könnte es abgewandelt so nennen: Es ist das Gesetz von der Erhaltung des Geistes, der Liebe und der Wahrheit. Das Gesetz heißt kurz gesagt: Nichts geht davon verloren; wir haben Teil daran.

Ich habe vorhin den Kindern die Geschichte von dem Licht erzählt, das wir auf der Skiwanderung in: finsterer Nacht sahen, und was uns gerettet hat. Wir sahen das Licht, und das gab uns Kraft und Hoffnung für unterwegs. Das Licht war unsere Hoffnung, weil plötzlich unsere Wanderung wieder ein Ziel hatte. Und jeder kleine, mühsame Schritt bekam.in diesem großen Zusammenhang einen Sinn, der in dem kleinen Rahmen sinnlos gewesen wäre und uns entmutigt hätte.

Uns, die wir noch im Finsteren leben, uns ist in Christus ein Licht aufgegangen.

Und wenn wir eine Gemeinde sind, dann müssen wir aufeinander achten. Und nicht müde werden in dem Glauben, dass in jedem Menschen etwas von dem Funken göttlichen

Geistes glimmt. Und diejenigen, die sich zu Christus bekennen, die sagen; ich bin zwar noch im Finstern, aber ich habe sein Licht gesehen.

Wir sind untereinander stellenweise immer mal auch Menschen, wie auf der Skiwanderung, die sagen; ich mag nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich sehe eigentlich auch kein Licht mehr, es ist so finster! Dazu ist Gemeinde da, wie auf der Skiwanderung, dass wir aufeinander achten, dass keiner zurückbleibt. Denn wer liegenbleibt, der erfriert.

Lasst uns unterwegs bleiben, auf das Licht in Christus schauen, das unter uns aufgegangen ist. AMEN!

Und der Friede Gottes, der höher ist, als unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen in Jesu Christi - AMEN!