Predigt vom 07.08.1987 - Pastor Schnabel - Schulanfängergottesdienst
Liebe Kinder!
Ich will euch von einem Mädchen erzählen, das hieß Antje. Antje kam zur Schule. Sie war morgens aufgewacht, sie hatte neben ihrem Bett einen neuen Ranzen stehen, den hatte sie zusammen mit dem Papa gekauft. Und das war nun ihr erster Schultag. Es ging ihr so wie euch heute morgen. Antje hatte noch einen größeren Bruder, den Horst. Den hat sie auch gleich mit geweckt. Der ging aber schon in die 2.Klasse.
Dann ist Antje zum Frühstück gegangen. Und als Horst, ihr Bruder, kam, machte er ein feierliches Gesicht und sagte: Ich habe dir gestern ein Geschenk gemacht, damit du - na, ich hole es mal - sagte der Horst, und dann gab er ihr diesen Knäuel und sagte: Fang es auf! (P.hat ein rotes Wollknäuel mitgebracht) Und die Antje sagte: Was soll ich denn mit diesem Wollknäuel? Na ja, sagte der Horst, damit du den Weg von der Schule wieder nach Hause findest, kannst du dir ja den Wollknäul zuhause an der Türklinke anbinden und dann rollst du den Knäuel ab und gehst bis zur Schule. Und wenn du nach Hause gehen willst, dann kannst du ja einfach nur dem Faden nachgehen. Und da hat die Antje aber gelacht und hat gesagt: Horst, ich weiß doch längst, wie ich in die Schule komme und wieder nach Hause. Ich kann sogar mit dem Fahrrad in die Schule fahren. Um zu wissen, wo ich zuhause bin, brauche ich diesen Faden aber nicht. Aber die Antje hat gesagt: Das ist eine schöne, rote Wolle, die kann ich behalten, und vielleicht kauft die Mama noch mehr davon und strickt mir einen Pullover draus. Antje hat also den Knäuel weggelegt und ihm gesagt, dass sie den Weg ja längst weiß.
Nach einer Weile kam der Opa zum Frühstück. Der war auch früh aufgestanden und wollte mit zum Schulanfängergottesdienst gehen und hatte der Antje auch was zu Schenken mitgebracht. Antje, sagte er, ich habe etwas für dich! Und dann holte er hinter seinem Rücken ein kleines Kissen vor. Und die Antje guckte und sagte: Was soll ich denn mit einem Kissen? Ja, sagte der Opa, weißt du, als ich in die Schule ging, haben wir manchmal Prügel bekommen, mit einem Stock; und da habe ich mir immer gewünscht, dass ich dieses Kissen hinten in der Hose hätte, dass es nicht so weh tun würde. Aber da hat die Antje gelacht und hat gesagt: Opa, in der Schule wird doch keiner geschlagen! Das gibt es doch gar nicht! Na ja, hat der Opa gesagt, ich weiß, ich weiß, dass nicht mehr geschlagen wird, aber ich dachte nur so; ich musste an meine Schulzeit denken und ich wünsche so sehr, dass es dir gut geht in der Schule! Die Antje hat gesagt: Opa, also dafür brauche ich das Kissen nicht, aber es gefällt mir trotzdem gut, darauf kann ich schlafen; so ein kleines Kissen habe ich mir schon immer gewünscht. Und dann hat sich der Opa an den Frühstückstisch gesetzt. Etwas später kamen Onkel und Tante; der Patenonkel mit seiner Frau. Und da war Antje auch gespannt, was der Patenonkel wohl mitbringen würde. Er hatte so ein Paket bei sich und packte das mit wichtiger Mine aus. Und Antje war gespannt, was da wohl drin sein könnte. Sie hat ein bisschen gefühlt - und was kam raus? Eine Fußbank. Antje hat sich das angeguckt und hat gesagt: Was soll ich denn mit einer Fußbank? Ja, sagt der Onkel, weißt du, ich habe gedacht, du hast ja noch so kurze Füße und in der Schule reichst du ja mit den Füßen nicht auf den Boden, wenn da so hohe Stühle sind; dann kannst du dich hinsetzen und deine Füße drauf. Ach, hat die Antje gesagt, ihr wisst ja gar nicht, wir sind ja schon in der Schule gewesen, wir haben da besondere Stühle, die sind klein und da reiche ich mit den Füßen runter! Deine Fußbank brauche ich in der Schule auch nicht, aber ich nehme sie gern, ich kann meine Puppe drauf setzen. Und dann kam die Tante noch und sagte: Antje, ich habe dir ein Taschentuch mitgebracht. Man kann ja nicht wissen; wenn man nun ja in der Schule manchmal so alleine ist, dass man da so ein Taschentuch hat und sich dann vielleicht auch mal die Augen wischen kann. Ja, sagte die Antje, das könnte ja vielleicht mal sein, ich nehme das Taschentuch gern! Und als alle nun ihre Geschenke gebracht hatten, es waren noch mehr dabei, da war die Mutter an der Reihe, und die hatte gar nichts in den Händen. Und sie ging auf Antje zu und gab ihr erst mal einen Kuss. Und dann sagte die Mutter zur Antje: Antje, du sollst das beste haben, was ich dir schenken kann, mein Kind. Da hat die Antje geguckt und gedacht; die Mama hat ja gar nichts in den Händen. Da hat die Mama gesagt: Antje, ich bete für dich, dass Gott dich behüten möge, wenn ich nicht bei dir sein kann, dass Gott dich behütet heute und an jedem Tag. Heute gehen wir noch ein Stück mit dir und dann gehst du alleine; Gott soll dich behüten!
So, lasst uns das zweite Lied singen, die erste bis zur vierten Strophe. (Gemeinde singt.) Die Antje ist dann zur Schule gegangen mit ihrer Familie, so wie ihr heute. Ohne Knäuel, das brauchte sie ja nicht. Und ohne Kissen, das ließ sie zuhause. Und ohne Fußbank, die hatte sie ja nun für die Puppen. Aber mit dem Taschentuch in der Hand; mit vielen guten Wünschen wurde sie begleitet.
Jetzt kommen mal bitte alle Schulanfänge hier vorne hin, stellt euch mal hier um den Altar herum so wie in einem Halbkreis. So nun schaut mal, jetzt habe ich für jeden ein Taschentuch mitgebracht, und auf die Ecke habe ich das neue Siegel unserer Kirchengemeinde gemacht, da ist das Zeichen von Jesus drauf. Bitte schön, hebt es gut auf und erinnert euch an euren Schulanfang. Und vielleicht schreibt ihr auch auf die andere Ecke euren Namen drauf.
Seht ihr, wie die Antje, die hatte auch so ein Taschentuch. So, seht ihr, es reicht gerade. Seht, und für mich bleibt auch noch eins, und es erinnert mich an den heutigen Tag.
(Die Kinder werden gesegnet)