Predigt vom 22.11.1987 - Pastor Schnabel - Lk. 12, 42-47
Liebe Kinder!
Heute ist der Ewigkeitssonntag. Der wird in manchen Gemeinden auch der Totensonntag genannt. Da gedenken wir der Toten. In jeder Familie gibt es Menschen, die gestorben sind und die wir lieb hatten. Alte, manchmal leider auch Junge.
Gestern und vorgestern habe ich gesehen, dass viele Menschen auf den Friedhof gegangen sind, um die Gräber zu säubern und die Gräber schön zu machen; mit Tannenzweigen abzudecken. Dabei haben sie natürlich an die Menschen gedacht, die da unter der Erde begraben sind.
Der Totensonntag ist aber auch dazu da, dass wir jetzt lebenden Menschen daran erinnert werden, dass wir nur für eine bestimmte Zeit auf der Welt sind. Und im Evangelium, das wir heute hören, sagt Jesus; passt auf, dass ihr die Zeit nicht vertrödelt. Ihr habt nur eine bestimmte Zeit.
Die Geschichte, die Jesus erzählt hat, ist ein bisschen anders, aber ich will sie euch einfach erzählen. Da wird das nämlich ganz deutlich, wie das mit der Zeit ist. Wir haben eine bestimmte Lebenszeit, in der sollen wir tun, was Gott von uns will.
Stellt euch vor: Es war einmal eine Familie: Vater und Mutter, die hatten drei Kinder. Zwei Kinder waren klein, die waren erst vier und sieben; und das älteste Kind war ein Sohn, der war schon sechzehn Jahre alt.
Eines Abends wollten die Eltern ausgehen. Und die Kleinen konnten ja nicht alleine zu Hause bleiben, und der große Sohn, Michael hieß er, sollte auf die Kinder aufpassen. Die Eltern sagten zu Michael: Pass auf, so gegen neun sollst du den Kindern noch eine Geschichte vorlesen, und dann machst du ihnen Abendbrot, und dann sollen sie gleich ins Bett gehen. Und dann bleib bitte wach und pass auf, dass die Kinder einschlafen. Und sei schön ruhig, wir kommen gegen Mitternacht wieder.
Die Eltern gehen, und kaum sind sie zur Tür hinaus, denkt Michael: Ach, bis die Eltern wiederkommen ist ja noch lange Zeit, ich rufe erst mal meine Freundin in München an. Und er ruft an, und nach einer Viertelstunde - er telefoniert immer noch nach München - sagen die kleinen Geschwister: Du, Michael, du solltest uns doch Abendbrot machen. Ja ja, sagt er, hat noch Zeit, hat noch Zeit, wartet nur! Nach einer halben Stunde hört er auf zu telefonieren, und die kleinen Geschwister sind hungrig und sagen: Michael, die Eltern haben gesagt, du sollst doch uns Abendbrot machen. Ja, sagt er, Moment, ich muss noch jemanden anrufen. Und er ruft seinen Freund an und sagt: Du, heute Abend ist sturmfrei, die Eltern sind nicht da, du kannst rüber kommen! Ich muss nur auf meine kleinen Geschwister aufpassen, aber das spielt ja keine Rolle. Dann fängt er an, den Kindern ein paar Brote zu machen.
Aber er hat die Brote gerade aufgeschnitten und in der Küche liegen, da klingelt es und sein Freund kommt; er hat noch zwei Freundinnen mitgebracht. Und die gehen gleich ins Wohnzimmer, zünden sich eine Zigarette an und sagen: Gibt’s denn hier nichts zu trinken? Und der Michael geht in den Keller und holt was zu trinken und sitzt mit seinen Freunden zusammen; und die kleinen Geschwister haben nichts zu essen. Da kommen die kleinen Geschwister wieder und sagen: Michael, die Eltern haben aber gesagt, du sollst uns was zu essen machen und uns eine Geschichte vorlesen! Ja, sagt er, ich trage mal den Fernseher ins Kinderzimmer, ihr könnt noch eine Weile fernsehen. Und Michael sitzt mit seinen Freunden zusammen, und sie rauchen und trinken, was sie ja eigentlich nicht sollen. Und Michael vergisst ganz, dass er ja eigentlich auf die kleinen Geschwister aufpassen soll. Und sie legen eine Kassette nach der anderen ein und machen eine kleine Fete.
Und plötzlich, sie haben’s gar nicht gehört, geht die Wohnzimmertür auf und die Eltern kommen nach Hause, und was passiert da? Die Mutter geht ins Kinderzimmer, da läuft der Fernseher immer noch. Die Kinder sind schon eingeschlafen vor dem Fernseher. Der Vater guckt rein und sieht, wie sein Bier ausgetrunken ist und die Zigarettenkippen auf dem Teppich liegen. Die Eltern sind furchtbar wütend. Sie schmeißen die ungeladenen Gäste raus und bestrafen den Michael schwer.
Seht ihr, der Michael hat immer gedacht: Ach, ist noch Zeit, ich mache einfach was ich will. Plötzlich war keine Zeit mehr. Plötzlich kamen die Eltern wieder, und dann war’s zu Spät.
Jesus hat so eine ähnliche Geschichte erzählt und hat gesagt: Tut gleich, was Gott von euch will, schiebt es nicht auf die lange Bank.
Die Gruppenleiter haben heute ein Puppentheater unten aufgebaut, da werdet ihr das vorgespielt bekommen.