Predigt vom 07.02.1988 - Pastor Schnabel - Lk. 8, 4-8
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen - AMEN!
Liebe Gemeinde!
In einem alten Nachtwächterlied, wo es eine Strophe für jede Stunde des Tages gibt, da heißt es zur vierten Stunde: "Vierfach ist das Ackerfeld. Mensch, wie ist dein Herz bestellt?"
Und da soll sich jeder von uns fragen, wie sein Herz bestellt ist. Ob Gottes Wort, das Christus über uns ausgesät hat, aufgeht, Wirkung zeigt, Frucht bringt.
Ich habe an diesem Gleichnis entdeckt, dass Jesus das zunächst gar nicht nur moralisch gemeint hat. Denn Jesus hat das Reich Gottes nie als etwas angesehen, was abhängig ist von unserer moralischen Leistung.
Der Sämann geht aus und sät.
Und so ist das im Gleichnis; die meisten Samenkörner verderben, sie finden keinen fruchtbaren Boden, werden nicht angenommen.
Aber dort, wo der Samen aufgeht, trägt er hundertfache Fracht.
Jesus klagt in diesem Gleichnis nicht über die harten, trockenen Böden unserer Herzen. Sondern dieses Gleichnis ist eher ein Ausdruck seiner absoluten Zuversicht, dass das Reich Gottes kommt. Es ist angebrochen; es wird sich durchsetzen! Und selig seid ihr, wenn ihr dabei seid; wenn ihr es aufnehmt.
Das Reich Gottes kommt auf jeden Fall; mit euch oder ohne euch.
Wenn Israel Gottes Wort nicht aufnimmt, dann kriegen es die Heiden und bei ihnen wird es aufgehen.
Wenn in unserer Kirche Gottes Wort nicht aufgeht und Frucht bringt, dann blüht es woanders!
Unser Herr Jesus Christus ist Gottes Wort an uns! Und darum lasst uns einmal dreierlei bedenken:
Erstens: Wie Jesus selbst ausgesät hat; wie er es getan hat. Zweitens: Dass wir es selbst ja weiter säen sollen. Und drittens: Wie wir es selbst aufnehmen.
Ich habe es vorhin vorgespielt, wie Jesus ausgesät hat. Denn er ist ja im Gleichnis der Sämann. Er hat Gottes Wort reichlich ausgestreut, ohne vorher die Böden genau zu prüfen. Ohne vorher die Herzen zu sichten, ob sie gläubig oder ungläubig, religiös begabt oder nicht begabt sind.
Alle Menschen sind bestimmt, Gottes Kinder zu sein und hinauf zu leben, zu dieser Bestimmung. Dazu sät Jesus aus. Er verschwendet Gottes Wort. Und es gibt Beispiele, dass die Pharisäer zu Jesus sagen: Du, lass das Volk in’s Verderben rennen, die wollen gar nicht hören. Komm lieber zu uns in den Tempel, wir verwalten das Heilige Gottes! Nein, sagt Jesus, gerade die Verlorenen sollen gerettet werden. Und Jesus sät weiter. Und die Saat geht tatsächlich hier und da auf und wird gefährlich. Und dadurch, dass die Saat gefährlich wird, wird Jesus selbst gefährdet; so gefährdet, dass sie ihn ans Kreuz schlagen.
Petrus, sein guter Jünger, sagt einmal: Jesus, lass es sein, es ist zu gefährlich, bleib bei uns, wir haben dich lieb. Wirf dein Wort nicht für die weg, die dich hassen! Aber Jesus schüttelt ihn ab und weist ihn zurecht mit harten Worten und sät weiter.
So sät Christus.
Zweitens; wie Christus, so die Christen. Wir sollen fortführen, was er begonnen hat; wir sollen weiter säen. Das heißt; wir sollen Gottes Wort bezeugen, es weiter säen, ohne nach unserem Ermessen Bodenproben zu entnehmen und zu prüfen, ehe wir säen. Wir haben nicht zu prüfen und wir können es auch nicht erkennen, ob das Herz eines anderen Menschen felsig ist oder verkrautet, oder trocken, oder fruchtbar. Das ist gar nicht unsere Sache! Wir sollen säen, sein Wort bezeugen und es leben.
Bedenkt doch mal; tausende haben damals Jesus gehört, sein Wort, das er ausstreute. Und was war mit den Vielen? Zunächst sind zwölf nur nachgefolgt. Und denen ist am Anfang nur sehr unvollkommen der Same des Wortes Gottes aufgegangen. Sie haben immer dazugelernt. Christus war immer geistig bei ihnen, bis auf den heutigen Tag. Christus hat immer nach säen müssen. Aber diese Zwölf, die haben tausendfache Frucht getragen, rund um die Welt, durch die ganze Menschheit.
Jesus hat recht behalten mit seinem großzügigen, verschwenderischen Säen. Ausstreuen, darauf kommt es an. Jeder von uns kann dabei Wunder erleben. Der ärgste Spötter wartet vielleicht gerade darauf, dass du ihm die erlösende Botschaft bringst. Dass du ihm etwas von Gott sagst, damit er endlich befreit wird aus seiner Gefangenheit in sich selbst. Dass er erlöst wird von seiner eigenen verkrampften Sinngebung und Angeberei. Du wirst dich wundern, wo überall der Same aufgehen kann. Das können wir in der Natur sehen. Achtet mal im Frühling drauf; auf Sandbergen gehen da plötzlich Blumen auf; zwischen Betonplatten wachsen Birken. Kein vernünftiger Mensch hätte dort etwas hin gesät, wenn der Wind den Samen nicht großzügig über’s Land verteilt hätte. Wo wir nur Beton und Sand sehen, selbst da gibt es kleine, fruchtbare Stellen, die du erst erkennst, wenn etwas darauf wächst.
Kein Menschenherz besteht nur aus Beton. Kein Menschenherz ist nur hart, oder aus Sand gemacht. Und wenn von dem Wort, das du weitersagen durftest, etwas aufgeht in dem anderen Menschen, dann tu’s nicht, wie der törichte Gärtner, der sofort anfängt herum zu hacken und zu jäten und die Pflänzchen zu prüfen. Davor hat Jesus in einem Gleichnis gewarnt, als die Jünger das Unkraut wachsen sahen unter den Menschen, und schnell bei der Hand sein wollten, um raus zu raufen: "Herr, sollen wir das Unkraut ausreißen?" Haben die Jünger ganz eifrig zu Jesus gesagt. Und Jesus hat gelacht und gesagt: "Nein, lasst es wachsen bis zur Ernte!" Gott wird richten, Gott wird ernten, das ist nicht eure Sache, ihr sollt weiter säen! Und ihr sollt nicht geizen mit der Saat, denn sie gehört euch nicht, sie ist euch anvertraut, lasst sie wachsen in euren Herzen und gebt es weiter ! Sät weiter! Die Ernte wird reicher als ihr denkt!
Das Reich Gottes ist immer ein Wachstum Gottes. Wir stellen es nicht her, wir leisten es nicht; Gott ist mit uns am Werk.
Schließlich drittens; wollen wir bedenken, wie wir es selbst aufnehmen.
Auf mein Herz fällt der Same; fällt Gottes Wort. Es sind viele gute Körner, die mir aus dem Herzen schon weg gepickt wurden, weil ich über den Weg meines Lebens zu viele törichte Wagen rattern ließ. Viele Körner wurden mir zertreten, weil zu viele Torheiten ihre Eindrücke auf meinem Weg hinterließen. Viel ist vertrocknet aus Oberflächlichkeit und Ablenkung und Eitelkeit und Selbstherrlichkeit.
Aber Christus ist geistig gegenwärtig in seinem Wort und er sät sein Wort, Gott sei Dank, weiter.
Zwar kann ich es nicht aus eigener Kraft in meinem Herzen wachsen lassen, das allein ist Gottes Gnade. Aber das, was ich tun kann, das tue ich. Ich halte mich in der Nähe seines Wortes auf, wo sein Wort immer wieder ausgesät wird. Und wenn mir letzte Woche etwas vertrocknet ist, so will ich es dies: Woche neu hören und den Boden bereiten.
Denn das heißt Gottesdienst feiern; den Boden bereiten und die Saat empfangen. Unsere Gottesdienste sind nichts anderes, als eine wöchentliche Aussaat von Gottes Wort.
Oft rieselt etwas davon an mir ab. Oft mag mir auch der Schwung fehlen, dass es nicht zu dir dringt, dass das Wort nicht weit genug gesät wird. Oder dass ich vielleicht zu geizig bin, dass ich nicht tief genug in das Saatgut des Wortes Gottes greife.
Aber das alles kann das Reich Gottes nicht aufhalten. Wir sind hier versammelt, besät zu werden und weiter zu säen. Wir halten unsere Herzen hin, wie kleine Ackerfelder und warten darauf, dass von Gottes Wort wenigstens ein, zwei Körnchen aufgehen und wir gerettet werden und Frucht bringen zum Weitergeben - AMEN!
Und der Friede Gottes, der höher ist, als unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christu Jesu - AMEN!