Predigt 622

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Predigt vom 05.06.1988 - Pastor Schnabel - Jer. 23, 16-29

Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen - AMEN!

Liebe Gemeinde!

Wir haben die Geschichte vom armen Lazarus gehört. Diese Geschichte ist missbraucht und von falschen Propheten ausgelegt worden. Und mit Recht hat man sie kritisiert, wenn sie dazu benutzt wurde, den Armen zu sagen: Ihr Armen kommt nach dem Tod in den Himmel; und wir Reichen müssen dann in die Hölle fahren. Aber hier auf Erden ist es erst mal so, wie es ist, und daran wollen wir nichts ändern!

Mit diesem Ziel hat Jesus das Gleichnis nicht erzählt. Sondern er hat von dem reichen Mann erzählt, weil er offensichtlich in dem Irrtum lebte, als wäre es beliebig, wie man mit dem umgeht, was einem auf Erden anvertraut ist.

Dieser reiche Mann im Gleichnis begreift es nicht, bis er stirbt, bis er in die Hölle kommt. Aber dieser reiche Mann ist gar nicht dumm. Er sieht den Lazarus in Abrahams Schoß. Daher ist dieser schöne Ausdruck in der deutschen Sprache: Ich fühle mich, wie in Abrahams Schoß. Frisch gebadet, in einem frischen Bett, schlafe ich langsam ein; geborgen, wie in Abrahams Schoß. So geht es Lazarus. Und er ist da unten in dem heißen See, leidet und schaut nach oben und sagt - und er bittet nicht unverschämt; er weiß wohl, dass er es verdient hat - er sagt: Bitte, kühle mir die Lippen, nur einmal! Und da sagt Vater Abraham: Der Abstand ist viel zu groß! Und dann kommt der zweite Gedanke bei dem reichen Mann und auch der ist klug. Er sagt nämlich‘ Wenn“s mir nun schon schlecht geht, wenn ich nun schon die Chance vertan und verpasst habe, dann, lieber Abraham, schick doch bitte jemanden zu meinen Brüdern, die noch leben, damit sie aufwachen und begreifen, dass sie eine Verantwortung haben mit dem, was Gott ihnen anvertraut hat. Und dann kommt dieses klassische Wort: "Sie haben die Propheten, sie haben Mose, sie haben die Gebote, sie haben alles! Sie werden auch nicht hören, wenn einer von den Toten aufsteht!" Und das wirft natürlich ein Licht voraus auf die Auferstehung Christi.

Der Predigttext für diesen Sonntag steht bei Jeremia im 23. Kapitel und handelt von den falschen Propheten, die die Wahrheit nett zurechtstutzen und damit Unheil anrichten:

"So spricht der HERR Zebaoth" schreibt Jeremia, "Hört nicht auf die Worte der Propheten, die euch weissagen! Sie betrügen euch; denn sie verkünden euch Gesichte aus ihrem Herzen und nicht aus dem Munde des HERRN. Sie sagen denen, die des HERRN Wort verachten: Es wird euch wohl gehen, und allen, die nach ihrem verstockten Herzen wandeln, sagen sie: Es wird kein Unheil über euch kommen. Aber wer im Rat des HERRN gestanden, dass er sein Wort gesehen und gehört hätte? Wer hat sein Wort vernommen und gehört? Siehe, es wird ein Wetter des HERRN kommen voll Grimm und ein schreckliches Ungewitter auf den Kopf der Gottlosen niedergehen Und des HERRN Zorn wird nicht ablassen, bis er tue und ausrichte, was er im Sinn hat; zur letzten Zeit werdet ihr es klar erkennen.

Ich sandte die Propheten nicht, und doch laufen sie; ich redete nicht zu ihnen, und doch weissagen sie. Denn wenn sie in meinem Rat gestanden hätten, so hätten sie meine Worte meinem Volk gepredigt, um es von seinem bösen Wandel und von seinem bösen Tun zu bekehren. Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, spricht der HERR, und nicht auch ein Gott, der ferne ist? Meinst du, dass sich jemand so heimlich verbergen könne, dass ich ihn nicht sehe? Spricht der HERR. Bin ich es nicht, der Himmel und Erde erfüllt? Spricht der HERR.

Ich höre es wohl, was die Propheten reden, die Lüge weissagen in meinem Namen und sprechen: Mir hat geträumt, mir hat geträumt. Wann wollen doch die Propheten aufhören, die Lüge weissagen und ihres Herzens Trug weissagen und wollen, dass mein Volk meinen Namen vergesse über ihren Träumen, die einer dem anderen erzählt, wie auch ihre Väter meinen. Namen vergaßen über dem Baal? Ein Prophet, der Träume hat, der erzähle Träume; wer aber mein Wort hat, der predige mein Wort recht. Wie reimen sich Stroh und Weizen zusammen? Spricht der HERR. Ist mein Wort nicht wie ein Feuer, spricht der HERR, und wie ein Hammer, der Felsen zerschmeißt?"

Gott segne an uns dieses Gerichtswort!

Ich sagte das vorhin schon den Kindern: Jesus ist Gottes Wort an uns. Er ist der letzte Prophet, der Höhepunkt aller Prophetie und zugleich das Ende der Prophetie.

In Jesus erkennen wir, dass Gott anders ist, als wir ihn gern hätten. Nicht nett, sondern wahr und gerecht. Zwar wird der Sünder begnadigt, aber erst wird er gerichtet. Und wer das verschweigt, der ist wie ein falscher Prophet. Wer Gott in die Schranken fordert und vergisst, dass er ein Geschöpf ist und nicht der Schöpfer selbst, dem muss widersprochen werden. Wer sich aber selbst von Gott vereinnahmen lässt, dem zeigt sich Gott als naher, als lieber Gott. Wer versucht, Gott für sich zu vereinnahmen, seine Kraft anzuzapfen und auf seine, ‚Mühlen zu lenken, für den erscheint Gott als fern und unerreichbar.

Die Gotteserfahrungen sind verschieden. Sie können himmlisch erfüllend und ganz sein, und sie können auch schrecklich sein wie ein Hammer, der Felsen spaltet; wie ein Feuer, das einen Nebel zerreißt, den Nebel des Irrtums, in dem wir manchmal leben, über uns selbst und andere.

Wer Gott vertraut, der erfährt seine Liebe und seine Kraft. Wer sich leer macht von eigenem, wird erfüllt von IHM.

Jeremia vergleicht Gottes Wort mit Feuer; es ist wie ein Hammer.

Christus ist Gottes Wort an uns. Er hat die Türme der Selbstgerechtigkeit und der Sünde zerschlagen. Das Feuer seines Geistes verbrennt alles überflüssige und bringt ans Licht, was wichtig ist.

Gott gibt eben nicht seinen Segen dazu, wenn wir selbst handeln auf eigene Rechnung. Religion und Glaube ist eben nicht ein bisschen Unterstützung bei dem, was wir ohnehin selber tun. Wir können nur Gott dienen, dann ist er nahe, aber wir können Gott nicht dienstbar machen. Wo wir versuchen, ihn dienstbar zu machen, da ist er fern.

Die falschen Propheten werden lieber gesehen, als die wahren.

Als ich ein Kind war, gab es noch Geldbriefträger und Gerichtsvollzieher. Und jeder sah natürlich lieber den Geldbriefträger kommen, als den Gerichtsvollzieher. Und Heilspropheten, die die Wahrheit unterschlagen, die sind wie Geldbriefträger, d.e Geld so leicht ins Haus bringen, das am Ende bitter abbezahlt werden muss.

Genauso ist das mit der netten, freundlichen Predigt, die den gängigen, selbstgerechten Anschauungen der Kirche und der Gesellschaft ein bisschen Weihe verpasst.

Ich bin da nicht schuldlos. Mir ist der Text sehr zu Herzen gegangen. Aber ich weiß und lerne daraus; wer so predigt, versündigt sich an denen, die ihm zuhören, denn ‘er bleibt den Hörern etwas schuldig.

Unser Auftrag kommt nicht aus uns selbst. Wir leben in einer Zeit, wo jeder Mensch gewohnt ist, als Kunde umworben zu werden. Und das verdirbt die Menschen. Sie stehen hier und sagen: Nun macht mir mal ein Angebot! Und wer das glitzerndeste Angebot macht, bei dem kaufe ich, oder dem verkaufe ich mich.

So werben viele Firmen um dich. Und deine Seele ist leicht, wie eine verwöhnte Prinzessin auf der Erbse, die sich nur dem hingibt, der ihr das glänzendste Angebot macht. So fällst du falschen Propheten in die Hände.

Ich traf einen Vater, der mir sagte, er würde sein Kind nie in eine Kirche gehen lassen; der gekreuzigte Christus, das sei ja eine sadistische Darstellung. Er würde seine Kinder nur mit schönen Dingen umgeben. Sie dürfen nicht auf Friedhöfe gehen, und das Wort "Angst" darf nicht gebraucht werden; und das Wort "Sünde" sei auch verboten in der Familie. Ich kann den Vater verstehen; er möchte ein netter Vater sein, er möchte seinem Kind alles ermöglichen, aber er tut den einen großen Irrtum: Er schwingt sich nämlich auf, als wäre er der Heiland und Erlöser seines Kindes. Und da muss ich ihm widersprechen.

Gerade bei der letzten Bibelarbeit zur Vorbereitung auf den Kindergottesdienst, der jetzt unten fortgesetzt wird, da wurde uns ganz klar, dass wir falsche Propheten wären, so wie Jeremia sagt, wenn wir den Kindern nur die netten, liebreizenden Geschichten erzählten von

Jesus, der heilt und hilft, und ihnen verheimlichen würden die Geschichten, wo es um den Ernst und um den letzten Grund unseres Lebens geht.

Gott ist anders. Gott tröstet und hält, aber er fordert und sendet auch.

Er führt uns auf rechter Straße um seines Namens willen, aber er tritt uns auch hart in den Weg und zwingt uns zur Umkehr. Er begleitet uns nicht auf dem Weg in den Abgrund, so, wie es die falschen Propheten tun. Da ist er fern.

Auch Gottes Ferne hat etwas zu bedeuten. Bei Gottes Ferne darf man nicht weitergehen. Das ist, wie wenn man den Leitton nicht mehr hört; da muss man stehenbleiben und den Ruf zur Umkehr wahrnehmen.

Du hast einem anderen Sünder nicht goldene Brücken zu bauen, das ist nicht deine Aufgabe, sonst geht er auf dem falschen Weg weiter. Sondern du sollst ihm Gottes Wort von der Umkehr und von der Buße sagen, damit er den Weg zum Quell des Lebens findet.

Das haben wir immer wieder entdeckt, dass das, was du deinem Freund und deinem Nachbarn sagst, die Botschaft viel besser durchbringt, als das, was ich hier öffentlich von der Kanzel sage.

Darum seid ermutigt: Wir können nur bezeugen, dass Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Auf diesem Weg kann keiner so bleiben, wie er ist.

Natürlich möchten wir alle gerne gewaschen werden, ohne dabei nass zu werden; das wollen viele Kunden, das versprechen viele "Hersteller" des Heils. Aber für uns sind Menschen keine Kunden, und das Evangelium haben wir nicht hergestellt, und wir können’s auch nicht verkaufen, denn wir haben’s nicht, sondern wir können nur bezeugen, was wir selbst erfahren. So, wie wenn ein Bettler dem anderen sagt, wo es Brot gibt.

Wer sich ziert, vor Gott wie ein Bettler zu sein, der hat noch nicht den Hunger gespürt. Aber wer hungrig und kaputt zu dir kommt und sagt; ich weiß nicht, wo es Brot gibt, den sollst du mitnehmen zu Christus und ihm zeigen, wie man die Hand aufhält, damit er auch satt und heil wird- AMEN!

Und der Friede Gottes, der höher ist, als unsere menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christu Jesu- AMEN!