Predigt vom 06.08.1988 - Pastor Schnabel - Schulanfängergottesdienst
Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft: des Heiligen Geistes sei mit uns allen - AMEN!
Lasst uns jetzt die Worte Jesu miteinander singen: "Lasst die Kinder zu mir kommen …" (Gemeinde singt) - Gebet
Ihr Lieben!
Ich will euch von der Antje erzählen. Sie war heute früh aufgewacht und wusste, dass sie heute in die Schule kommt. Das war aufregend. Sie hatte ihren Ranzen neben dem Bett stehen. Schon vor den Schulferien hatte sie mit ihrem Vater zusammen den Ranzen gekauft. Und heute war nun der erste Schultag. Dem Bruder, der noch schlief, hat sie einen Stubs gegeben, denn der geht schon in die fünfte Klasse und er muss auch raus und sich anziehen und auch ein bisschen waschen.
Dann saßen sie am Frühstückstisch und ihr Bruder, der Horst, kam etwas später und machte ein feierliches Gesicht. Er hielt etwas in der Hand und sagte: Ich will dir auch etwas schenken! Und dann warf er dieses Wollknäuel der Antje hin und sie fing es auf. "Was soll ich denn mit dem Wollknäuel?" Ja, sagt der Bruder zu Antje, du bist ja klein und du findest nicht den Weg zur Schule, und deswegen habe ich mir gedacht, ich schenke dir so einen Ball mit Wolle, so ein Knäuel. Das eine Ende kannst du zuhause an der Tür festbinden, so - (Pastor bindet einen roten Wollfaden an der Kirchentür fest und lässt ihn abrollen vom Knäuel) und wenn du dann zur Schule gehst, dann nimmst du einfach den Knäuel mit und gehst so in die Schule. Und wenn die Schule zu Ende ist, dann weißt du kleine Antje ja nicht den Weg. Und damit du den Weg wiederfindest, gehst du dann an dem Faden entlang und kommst wieder nach Hause, denn der Faden führt dich nach Hause. Aber da hat die Antje gelacht und hat gesagt: Haha, Horst, du weißt ja gar nicht, dass ich den Weg zur Schule schon oft gegangen bin! Ich weiß schon, wie ich wieder nach Hause komme! Aber die Wolle, sagt die Antje, die werde ich behalten, die kann ich gut gebrauchen. Vielleicht schenkt mir jemand noch mehr Wolle, dann kann mir Mutti einen Pullover draus stricken!
Nach einer Weile ging die Tür auf und dann kam der Opa runter. Der war früh aufgestanden und wollte auch der Antje Glück wünschen. Er hatte auch ein Geschenk, das trug er hinter dem Rücken, so. Und dann sagte er: Weißt du Antje, ich möchte ja auch, dass dir’s in der Schule gut geht, ich will dir ein kleines Kissen schenken; ein weiches Kissen! Weißt du mein Kind, sagte der Großvater, als ich in die Schule gegangen bin, da habe ich mir immer so ein Kissen gewünscht, damit der Stock nicht so weh tut. Da sagte die Oma: Aber Opa, du machst ja Späße! Schläge gibt es doch nicht mehr in der Schule! Na ja, Sagt der Opa, also als ich zur Schule ging, hätte ich gern so ein Kissen hier hinten drin gehabt, weil die Schläge immer so weh taten! Ich musste daran denken und deswegen wollte ich dir, Antje, das kleine Kissen schenken! Na, sagt Antje, geschlagen wird nicht in der Schule, aber das Kissen hast du mir jetzt geschenkt und das gehört mir, und das kann ich gut gebrauchen.
Dann plötzlich klingelt es und der Patenonkel kommt. Und er hat auch ein Geschenk mitgebracht. Ein großes Paket, das packt er langsam aus, und da ist eine Fußbank drin. Antje guckt sie an und sagt: Och Onkel, hast du die selbst gemacht? Ja, sagt er, die habe ich für dich gebaut. Denn du bist ja nun ein Schulmädchen und da habe ich gedacht; sie ist ja noch klein und mit den Beinen reicht sie noch nicht auf den Boden. Und damit ihr das nicht so drückt, soll sie die Fußbank mit in die Schule nehmen, weil ja die Stühle so hoch sind. Und dann musst du mit den Beinen nicht baumeln und musst die Lehrer nicht stören. Da sagt die kleine Antje: Dankeschön, Onkel Gustav, das ist lieb von dir, dass du mir diese Fußbank gemacht hast, aber die brauche ich nicht, denn wir waren doch schon in der Schule und da haben wir extra kleine Stühle, und da brauchen wir die Fußbank gar nicht! Aber diese Fußbank, die kann ich gebrauchen und die will ich auch behalten! Nun hat sie auch eine Fußbank, aber für die Schule braucht sie die Fußbank gar nicht, weil die Stühle in der Schule nämlich genau für die Schüler passen.
Und dann kommt die Tante und die sagt: Ich habe dir ein Taschentuch mitgebracht, das will ich dir schenken. Das hilft dir vielleicht, wenn du in der Schule Heimweh kriegst. Und, na ja, dann muss man ja manchmal ein Taschentuch haben. Aber da sagt die Antje: Tante, das ist lieb von dir, das will ich gerne behalten. Außerdem ist es schön, dass du ein so großes geschenkt hast, das kann ich nämlich auch mal als Kopftuch umbinden - so - (P. mit Kopftuch). Also, die Antje nimmt auch das Tuch an sich, aber sie sagt: Ich muss in der Schule gar nicht weinen, denn ich kriege da kein Heimweh und ich bin ja schon mal dagewesen!
Und dann kommt der Vater. Der hat seine Tabaksdose in der Hand und da sagt die Antje: Nanu Papa, Tabak brauche ich doch aber nicht! Nein, sagt er, weißt du, ich habe hier einen schönen Radiergummi drin, den will ich dir schenken. Ich habe mich nämlich als Kind oft verschrieben und ich liebte meinen Radiergummi, weil ich damit alles verbessern konnte. Hier Antje, hast du auch einen Radiergummi von mir.
Und dann war die Mutter an der Reihe, und die gab der Antje einen Kuss und sagte: Antje, von mir sollst du das beste haben, was ich verschenken kann! Und da war die Antje gespannt, denn die Mama hatte gar nichts in den Händen; sie hatte auch nichts hinter dem Rücken. Die Mutter sagte zur Antje: Antje, ich bete für dich, dass dich Gott behüte, heute und an jedem Tag!
Und das ist nun wirklich das Kostbarste.
Das Beten lernt man ja leider nicht in der Schule. Und man lernt das Beten auch nicht im Kindergarten. Und dabei ist das Beten so wichtig. Denn wenn niemand von uns bei euch sein kann, dann sollt ihr nicht allein sein; dann ist Gott bei euch. Und ‘das spürt ihr ganz tief im Herzen wenn ihr beten könnt; wenn ihr "DU" sagen könnt zu Gott und wenn ihr beten könnt; wenn Christus geistig gegenwärtig ist.
Als ihr getauft wurdet, da wurdet ihr gesegnet mit den Worten: "Nimm hin das Zeichen des Kreuzes an der Stirn und an der Brust!" Das ist ein wichtiges Zeichen, das heißt: Gott will euch ganz segnen, mit Verstand und Gefühl. Die Stirn, die steht für den Verstand, die Brust für das Herz; mit Verstand und Gefühl soll Gott mit euch sein; sollt ihr zu ihm beten; wird er bei euch sein alle Tage, bis an der Welt Ende.
Lasst uns miteinander singen "Weißt du wieviel Sternlein stehen …" (Gemeinde singt)
Na, wie ist das mit Antje weitergegangen?!?
Antje hat den Knäuel und das Kissen und den Radiergummi und die Fußbank zuhause gelassen; das Taschentuch hat sie sicherheitshalber mitgenommen. Und dann sind sie losgegangen in die Schule, begleitet von Gebeten und guten Segenswünschen und von allen, die sie lieb hatten. Und so sind sie angekommen.
Und ehe ihr jetzt in die Schule geht, kommt bitte vor an den Altar.
(P. segnet die Kinder und verteilt an alle einen Radiergummi aus der Tabaksdose)
Nun nehmt wieder Platz und lasst uns Gott danken mit dem letzten Lied.